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Jugendliche ab 18 strafmündig

Von Brigitte Pechar

Politik

Mit Ausnahme von einem Experten haben gestern im Rahmen der Enquete-Kommission zum Jugendstrafrecht alle für die Beibehaltung des derzeit gültigen plädiert. FPÖ und ÖVP fassten einige Anregungen der Experten in einen Abänderungsantrag und beschlossen diesen im Anschluss an das Hearing im Justizausschuss gemeinsam mit einem Initiativantrag zur Novellierung des Jugendstrafrechts. Damit wird die volle Strafmündigkeit der Jugendlichen ab 18 ab 1. Juli 2001 gesetzlich festgesetzt. Bis zum 21. Lebensjahr gibt es aber Erleichterungen beim Strafausmaß und damit der Diversion.


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ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter begründete die Eile der Regierungsfraktionen damit, dass Ende Jänner die Beschlussfassung im Plenum erfolgen soll, damit das Gesetz analog dem Kindschaftsrechtsänderungsgesetz, in dem die Volljährigkeit von 19 auf 18 Jahre gesenkt wird, mit 1. Juli in Kraft treten kann. Die Opposition und auch ein überwiegender Teil der Experten - Rechtswissenschaftler, Staatsanwälte, Richter, Rechtsanwälte und Bewährungshelfer - argumentierten, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Volljährigkeit und der Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit auf 18 bestehe. Da die meisten Fälle von Jugenddelikten zwischen 18 und 19 Jahren begangen würden, müsse gerade dort mit aller Behutsamkeit vorgegangen werden. Einzig Univ. Prof. Manfred Burgstaller hielt eine Herabsetzung auf 18 Jahre im Jugendstrafrecht für "sinnvoll, wenngleich nicht zwingend". Die hohe Kriminalitätsrate in dieser Gruppe sowie die Herabsetzung der Volljährigkeit im Zivilrecht sei eine gute Begründung für die Novelle.

Die Volljährigkeit im Zivilrecht mit 18 Jahren ist für Univ. Prof Helmut Fuchs "kein stichhaltiger Grund", auch im Jugendstrafrecht die Altersgrenze zu senken. "Die Richter kommen derzeit mit den halbierten Strafdrohungen aus, sie müssen diese nicht einmal ausschöpfen", argumentierte Fuchs. Es sei daher nicht einzusehen, warum man ein Gesetz, mit dem alle gute Erfahrungen hätten, geändert werden solle. Besonders kritisiert wurde seitens der Praktiker, dass für 18- bis 21-jährige Strafuntergrenzen gelten sollten.

Heranwachsendenstrafrecht: Diskussion notwendig

Insgesamt wurde dafür plädiert, das Jugendstrafrecht in seiner geltenden Form zu belassen und in angemessener Zeit mit Diskussionsspielraum ein Heranwachsendenstrafrecht für die 18- bis 21jährigen zu schaffen. Dafür trat auch Elisabeth Grabner-Tesar vom Verein Bewährungshilfe und Soziale Arbeit ein: Aus entwicklungspsychologischer Sicht sei Grenzüberschreitung ein konstituierendes Merkmal der Adoleszenzkrise. Die Hinaufsetzung der vollen Strafmündigkeit - in der Schweiz wird derzeit überlegt diese auf 21 bis 25 Jahre zu heben - werde international auch damit argumentiert, dass Jugendliche in der heutigen Gesellschaft Rahmenbedingungen vorfänden, die die Bewältigung der Adoleszenzkrise erschwerten. Als Beispiele nannte sie Verlusterlebnisse durch Trennungen, die Höherstelligkeit am Arbeitsmarkt oder das Aufweichen der Generationenschranken.

Justizminister Dieter Böhmdorfer reagierte auf die Kritik ("die Anregungen sind auf fruchtbaren Boden gefallen") mit einem Abänderungsantrag: Die Strafuntergrenze bei Delikten mit einem Strafrahmen bis zu fünf Jahren fällt weg, auch die übrigen Strafrahmen werden reduziert. Die Gerichtsbarkeit der jugendlichen Erwachsenen liegt beim Jugendgericht, die Gerichtshilfe bleibt bis zum 21. Lebensjahr bestehen, jugendliche Täter sollen nach Möglichkeit vorzeitig entlassen und dann einer Bewährungshilfe zugeordnet werden.

Die Anregung vom Präsidenten des Jugendgerichtshofes, Udo Jesionek, bei der Straftilgung tätig zu werden, um Jugendlichen ihre Zukunft nicht zu verbauen, griff Fekter auf, das müsse aber diskutiert werden.