Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Erfolg kann auch ein Fluch sein. So führen etwa die tollen Quoten von "Julia" dazu, dass die Serie immer weitergehen muss, obwohl eigentlich alle möglichen dramatischen Konstellationen, die die Grundsituation gerade noch zulässt, längst durchgespielt sind. Die vierte Staffel, die nun im ORF zu Ende ging, ließ es an überspitzten, vielfach an den Haaren herbeigezogenen Episoden nicht fehlen. Am linearsten erfolgte dabei noch der berufliche Zickzackkurs der Hauptdarstellerin: So begann Christiane Hörbiger alias Julia diese Staffel als Bürgermeisterin (von Retz), war zwischenzeitlich wieder Richterin (ebenda) - und endete nun in der letzten Folge als Volksanwältin, als welche sie die fünfte Staffel zukünftig zu absolvieren haben wird.
Dafür wurde das Nebenpersonal mit Schicksalen ausgestattet, die diese an sich bürgerlich biedere Stadt- und Landsaga in den Bereich der Fantasyserien katapultiert: Es gab eine Schwangerschaft, die dann doch keine war, eine Krebserkrankung (von Julias Gatten), die - trotz mehrerer Diagnosen - sich letztlich als Irrtum herausstellte (so schlimm ist der Zustand der Medizin wiederum auch nicht), einen in den Rollstuhl verbannten Schwiegersohn (würde uns gar nicht wundern, liefe uns auch der zukünftig wieder entgegen; vom Reiten träumt er schon . . .) und eine Zwillingsschwester, die plötzlich aus Amerika auftauchte, von deren Existenz vorher niemand wusste (auch nicht der Drehbuchautor). Dazu noch viel Polittheater, wie überhaupt auffällt, dass neuerdings mit dieser Serie ganz offen Politik, vor allem Justizpolitik gemacht werden soll. So sympathisch einem die dabei transportierten Anliegen (etwa eine Gefängnisreform) auch sein mögen, bleibt diese Art populistischer Serienpolitik doch höchst problematisch.