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Juncker ist ungefährdet

Von Ulf Mauder

Politik

Die Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) wird bei den Parlamentswahlen in Luxemburg am 13. Juni wieder stärkste Partei und Jean-Claude Juncker damit abermals Ministerpräsident. Dies signalisieren alle Umfragen. Der 49-Jährige, der seit 1995 regiert, ist der Vorzeigepolitiker des nach Malta zweitkleinsten Landes der EU. Und er will die Politik im Großherzogtum gern weiter an der Spitze bestimmen.


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217.500 Luxemburger sind zeitgleich mit der Europawahl aufgerufen, aus 413 Kandidaten 60 für das neue Parlament zu bestimmen. 19 Abgeordnete stellen bisher Junckers Konservativen. Acht Parteien, die wegen der Wahlpflicht auf eine hohe Beteiligung zählen können, bewerben sich um Sitze. Juncker wirbt mit dem Slogan "Secher ass secher", sicher ist sicher, und keine andere Partei kann in dem ausgesprochen sachlichen Wahlkampf ohne richtiges Topthema einen ähnlich profilierten Kandidaten ins Rennen schicken. Außerdem kommt das Land allmählich aus einer seit Jahren anhaltenden wirtschaftlichen Talfahrt heraus.

Kurz vor der Wahl prognostiziert die nationale Statistikbehörde Statec ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent (2003: 2,1 Prozent) in diesem und 3,5 Prozent im nächsten Jahr. Motoren sind das Baugewerbe und die Industrie. Und auch der stark vertretene Finanzsektor beruhigt sich nach den Entlassungen der vergangenen Jahre wieder.

Dennoch muss Luxemburg nach Junckers Meinung kürzer treten. Der Etat des 450.000-Einwohner-Staates (mit einem Ausländeranteil von rund 40 Prozent) weist mit 6,5 Milliarden Euro in diesem Jahr das geringste Wachstum seit Jahren auf. Erstmals gab es eine Deckungslücke von knapp 90 Millionen Euro. Zur Deckung der Kosten für die steigende Arbeitslosigkeit hob die Regierung in diesem Jahr den Benzinpreis um 7 Cent pro Liter an. Ende April waren 8660 Menschen auf Arbeitssuche, was eine Quote von 4,3 Prozent ergibt.

Juncker machte in der Vergangenheit auch deutlich, dass die Zeit immer neuer Steuergeschenke für Unternehmen und Privatleute vorbei sei. Unter der CSV sank die Einkommenssteuer und hat nun den Spitzensteuersatz von 38 Prozent. Dies führte neben einer teils drastischen Anhebung der Sätze für steuerfreie Einkünfte zu einer deutlichen Belebung des Konsumverhaltens. Laut Parteiprogramm will die CSV künftig neben Versicherung und Banken vor allem Konzernzentralen und europäische Aktiengesellschaften nach Luxemburg locken. Konzerne wie AOL und Amazon rechnen ihr Europageschäft bereits seit 2003 von Luxemburg aus ab.

Seit dem Krieg waren die Christlich-Sozialen nur einmal nicht mit in der Regierung (1974-1979). Bis zur letzten Wahl hatte sie 15 Jahre lang mit den Sozialisten der LSAP koaliert. Doch 1999 musste die Arbeiterpartei mit 13 Sitzen ihre Ministerposten an die liberale Demokratische Partei (DP) abgeben, die 15 Mandate erhielt. Umfragen deuten darauf hin, dass es nach fünf Jahren wieder eine schwarz-rote Regierung geben könnte.

Gute Aussichten auf den Einzug ins Parlament haben auch das derzeit mit sieben Sitzen vertretene Aktionskomitee für Demokratie und Rentengerechtigkeit (ADR), das eine rechtsgerichtete und populistische Politik vertritt, sowie die Grünen mit fünf Sitzen. Die Kommunisten von Dei Lenk (Die Linken) werden Umfragen zufolge ihren einzigen Platz verlieren. Auch dem ADR werden Einbußen vorhergesagt, so dass CSV, LSAP und Grüne stärker werden könnten. Als beinahe aussichtslos gelten indes die Kommunistische Partei und die erstmals antretende Freie Partei Luxemburgs (FPL). dpa