Die Europäische Volkspartei will am 20. März über Ausschluss entscheiden. Fidesz will Teil der EVP bleiben.
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Budapest/Brüssel. Die Europäische Volkspartei (EVP) hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und seiner Fidesz-Partei ein Ultimatum für den Verbleib in dem konservativen Parteienverbund gestellt. "Viktor Orban und die Fidesz haben im vergangenen Monat wieder einmal rote Linien überschritten", sagte der EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber (CSU), am Dienstag im niederbayerischen Landau an der Isar. In der "Bild"-Zeitung forderte er: "Viktor Orban muss die Anti-Brüssel-Kampagnen seiner Regierung sofort und endgültig stoppen." Orban müsse sich für seine anti-europäischen Äußerungen zudem bei den anderen Mitgliedsparteien der EVP entschuldigen. Die EVP wird am 20. März über den Ausschluss entscheiden. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, er werde den Ausschluss unterstützen.
In einem separaten Schreiben teilte Weber mit, dass die wiederholten Attacken auf EVP-Verantwortliche, die fehlende Bereitschaft zur Lösung der offenen Vertragsverletzungsverfahren und die Angriffe gegen andere EVP-Mitgliedsparteien "die Einheit unserer Partei massiv beschädigten". Um diese zu erhalten, müsse Fidesz konkrete Schritte unternehmen und den Willen zur Mitgliedschaft in der EVP unter Beweis stellen. Die Punkte ließen sich aber bis zum 20. März klären. Außerdem lägen weitere Aufgaben zur Klärung auf dem Tisch.
"Alle Optionen sind auf dem Tisch, und besonders die Option, dass wir unseren Weg künftig ohne Fidesz gehen", sagte Weber in Landau. Die Entscheidung über einen Ausschluss der ungarischen Regierungspartei könnte auch Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse im nächsten EU-Parlament haben. Weber strebt nach der EU-Wahl im Mai die Spitze der Kommission an. Dabei hat er die zwölf Sitze von Fidesz bislang fest einkalkuliert.
Juncker: Fidesz gehört nicht mehr zu EVP
Nach EVP-Angaben haben mittlerweile zwölf Mitgliedsparteien aus neun Ländern eine Abstimmung über den Rauswurf beantragt. Jüngster Anlass für den Unmut ist eine Plakatkampagne von Fidesz in Ungarn. Darin wirft die Partei Juncker und dem US-Milliardär George Soros die bewusste Förderung illegaler Einwanderung in die EU vor. Juncker sagte im ZDF, wer in europäischen Dingen aus innenpolitischen Gründen lüge, müsse sich die Frage stellen, ob er noch weiterhin zum Club der EVP gehören möchte. "Ich bin der Meinung, er gehört nicht mehr dazu."
Weber stellte in der "Bild"-Zeitung weitere Forderungen an Orban: "Wesentlich ist, dass die von Soros unterstützte Universität CEU dauerhaft in Budapest bleibt, ihre Existenz dort gesichert ist und sie wieder US-Diplome ausgeben kann." Die Zentraleuropäische Universität (CEU) hat wegen neuer Auflagen der ungarischen Regierung und antisemitischer Angriffe auf Soros beschlossen, Ungarn zu verlassen. Die EU-Kommission hatte 2017 wegen eines gegen die CEU gerichteten neuen Hochschulgesetzes ein Verfahren gegen die ungarische Regierung eingeleitet.
Bisher hatten CDU und CSU einen Rauswurf Orbans verhindern wollen, weil sie fürchten, dass dieser dann eine Allianz mit Rechtspopulisten oder Rechts-Parteien in Osteuropa schmiedet. Weber, der gemeinsamer Spitzenkandidat von CDU und CSU für die Europawahl ist, sprach von einem "letzten Versuch", Orban und die Fidesz in der EVP zu halten. Die Werte der Christdemokratie seien nicht verhandelbar. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Allen muss klar sein, was auf dem Spiel steht." Möglicherweise werde Orban einlenken, aber es brauche "glaubhafte Signale".
Vertreter der Fidesz-Partei betonten in Budapest, dass man Teil der konservativen Parteienfamilie bleiben wolle. "Fidesz will die EVP nicht verlassen, unser Ziel ist eine Stärkung der Anti-Migrationskräfte innerhalb der EVP", sagte ein Sprecher. Fidesz-Vertreter hatten seit der Eskalation der Debatte in verschiedenen Hauptstädten für ihre Position geworben. Auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte vor wenigen Tagen eine Abordnung der Partei in Berlin empfangen. (apa, reuters)