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Junckers Nachfolger heißt Dijsselbloem

Von WZ-Korrespondent Frederik Hartig

Politik

Neuer Eurogruppenchef gilt als unerfahren, aber guter Mediator und Stratege.


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Utrecht. Endlich stand beim Treffen der Euro-Gruppe einmal nicht Griechenland im Mittelpunkt: In dem Gremium, dem die Finanzminister der 17 Euroländer angehören, steht ein Personalwechsel bevor. Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem (sprich: Jeruun Deisselblum) wurde Montagabend erwartungsgemäß zum neuen Vorsitzenden der Eurogruppe gewählt.

Jean-Claude Juncker, der das Amt seit 2005 bekleidet, hatte im März 2012 angekündigt, den Vorsitz abgeben zu wollen. Nachdem Dijsselbloem im Dezember 2012 in den Medien genannt wurde, zeichneten sich bald gute Chancen für den Niederländer ab. Vor allem Deutschland war es wichtig, dass der neue Vorsitzende aus einem wirtschaftlich stabilen Land kommt, das von den Rating-Agenturen mit Bestnote bewertet wird. Auch dürfte es einem kleinen Land besser gelingen, zwischen den starken Positionen Deutschlands und Frankreichs zu vermitteln. Beim Treffen der Euro-Gruppe an diesem Montag hatte sich Dijsselbloem als einziger Kandidat offiziell zur Wahl gestellt.

Auf internationalem Parkett war er bisher wenig bekannt. In den Niederlanden hat sich Dijsselbloem 2007 mit einer Untersuchung zu Reformen im Bildungssystem einen Namen gemacht. Dennoch war der Sozialdemokrat kein Politiker, der sich viel in den Medien sehen ließ. Bis zur Vereidigung zum Finanzminister war er zwei Jahre lang Vize-Fraktionsvorsitzender der Arbeiterpartei (PvdA). Der studierte Agrarökonom wurde 2000 erstmals ins Parlament gewählt und wird dem rechten Flügel der PvdA zugerechnet.

Seit etwa drei Monaten ist Dijsselbloem Finanzminister und damit noch relativ unerfahren. Dennoch scheint er für seine neue Rolle gut geeignet. Laut Juncker müsse der Vorsitzende der Euro-Gruppe gut zuhören können, eine Eigenschaft die Dijsselbloem zugeschrieben wird. Er gilt als angenehm im Umgang und hat sich als kluger Stratege ausgezeichnet.

Schäuble hatte bereits im Dezember gesagt, dass er Dijsselbloem für einen geeigneten Kandidaten halte. Bevor dieser seine Kandidatur offiziell bekanntgegeben hatte, war er auf Besuch in einigen europäischen Hauptstädten, um sich vorzustellen. Auch der französische Finanzminister Pierre Moscovici ließ letztendlich seine Bedenken fallen. Dijsselbloem hatte zwar nach seiner Amtseinführung im November 2012 angegeben, wie sein Amtsvorgänger Jan Kees de Jager für eine strenge Finanzpolitik zu stehen. Aus der Sicht Frankreichs dürfte dennoch der sozialdemokratische Hintergrund für den niederländischen Politiker sprechen.

Das Gremium koordiniert die Wirtschaftspolitik der Eurozone und übernimmt damit eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Euro-Krise. Der Vorsitzende leitet die Treffen und bereitet diese inhaltlich vor. Damit hat er in der Kommunikation zwischen den Finanzministern eine zentrale Position inne. Jean-Claude Juncker hatte den Vorsitz neben seinem Amt als Premierminister von Luxemburg und Finanzminister wahrgenommen - seiner Meinung nach solle die Funktion besser in Vollzeit ausgeübt werden. Dennoch will Dijsselbloem sein Amt als Finanzminister behalten.

Aus der Opposition in den Niederlanden waren deswegen skeptische Töne zu hören. Vor allem die rechtspopulistische "Partei für die Freiheit" (PVV) und die "Sozialistische Partei" (SP) befürchten, dass sich die Verhandlungsposition der Niederlanden in der Euro-Gruppe verschlechtert. Da die Rolle des Vorsitzenden darin besteht, Brücken zu bauen und Kompromisse zu erzielen, könne Dijsselbloem nicht mehr für die Interessen der Niederlande eintreten. Ministerpräsident Mark Rutte hingegen nannte die potenzielle Benennung Dijsselbloems eine gute Sache für die Niederlande.