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Die Leitlinien des neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker folgen der politischen Logik: Es geht um Jobs , um eine Re-Industrialisierung Europas und um "mehr Europa" bei den großen Themen wie Energie und Außenpolitik. Juncker blieb sich bei seiner Vorstellung treu. Mit einer gewissen ironischen Distanz betrachtet er die Europäische Union. Das kann er auch, denn seit den 1990er Jahren bestimmt er deren Politik mit, es gibt wenige europäische Projekte, über die er nicht Bescheid weiß.
Der größte Brocken ist wohl die von ihm - schon im Wahlkampf - postulierte Energieunion. Ein integrierter Energiemarkt wird auch Österreich einiges abverlangen, denn Atomstrom ist nur bei uns absolut verpönt. Hier wird es auch an der heimischen Regierung liegen, der Bevölkerung die Vorteile einer stärkeren Zusammenarbeit klarzumachen und nicht in populistische Floskeln zu verfallen. Auch der Aufbau einer gemeinsamen Verteidigungsstrategie wird vermutlich nicht überall auf Begeisterung stoßen, vor allem nicht im ohnehin EU-kritischen Großbritannien.
Insgesamt ist die Wahl Junckers zum Kommissionspräsidenten eine gute Sache für die EU. Er kennt die nationalen Reflexe der Regierungschefs und die Brüsseler Bürokratie gleichermaßen. Für die Regierungschefs, die sich heute in Brüssel beraten, ist Juncker ein härterer Brocken als es Barroso gewesen ist. Der Luxemburger wird politischer agieren als der portugiesische Technokrat, für die Bürger Europas eine Wohltat.
Die zehn Punkte seines Arbeitsprogrammes weisen auch den Weg, welche Kommissare wichtig sein werden. Die Bündelung auf Themen-Schwerpunkte, die dann von mehreren Kommissaren betreut werden, wird Europa etlichen Unsinn ersparen. Beispiel nicht-wiederbefüllbare Olivenöl-Kännchen in der Gastronomie.
Juncker wird vorgeworfen, dass er sich für organisatorische Details nicht interessiert. Das muss er als Kommissionspräsident auch nicht, es genügt, wenn etliche der von EU-Beamten überlegten Ideen das Licht der Öffentlichkeit nie erblicken.
Wenn die Regierungschefs, die den Europäischen Rat bilden, klug sind, lassen sie Juncker gewähren. Das von ihm vorgelegte Programm beschreibt die Notwendigkeiten Europas recht gut. Je weniger sie sich einmischen, desto höher die Erfolgschance. Denn eines ist auch ihnen klar geworden: Noch kein Kommissionspräsident vor ihm hatte eine größere demokratische Legitimität.