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Pensionen sind politisch immer ein heißes Eisen. Erstens entscheiden Pensionisten mittlerweile Wahlen, zweitens öffnet die Langfristigkeit der Finanzierungsberechnung der Fantasie Tür und Tor. In Österreich etwa bewegt sich die aktuelle Debatte auf Basis einer Berechnung, die ins Jahr 2060 reicht. Das hat seine grundsätzliche Richtigkeit, bietet aber - je nach politischer Überzeugung - viel Raum für Interpretationen.
Nun hat die Regierung in Krems beschlossen, am 29. Februar 2016 (Schaltjahr!) das Ergebnis des sogenannten Pensionsmonitorings vorzulegen. Es geht um die Anhebung des Pensionsalters. Das sei zu spät, meinte kürzlich Außenminister Sebastian Kurz.
Was ist nun dran an dem Satz, die Pensionen würden unfinanzierbar, weil der Bundeszuschuss 2060 von jetzt knapp 10 Milliarden auf knapp 37 Milliarden Euro steigen wird?
Ehrlicherweise müssten alle Experten sagen: keine Ahnung. Der Berechnung liegt eine Schätzung zugrunde, wie sich die Wirtschaftsleistung bis dahin entwickeln dürfte. Das ist - vorsichtig ausgedrückt - ein kühnes Unterfangen. Es gibt auch eine Schätzung für das faktische Pensionsantrittsalter 2060. Das ist relativ niedrig angesetzt und ähnlich kühn. (Das gerne als Vorbild eingesetzte schwedische Modell wurde alleine seit 2003 zwölfmal verändert.)
In der weltanschaulichen Debatte geht es um die Frage, ob die Pensionen - wie bisher - über ein solidarisches, öffentliches System finanziert werden oder eine Hinwendung zur privaten Vorsorge (Kapitalverfahren) stattfindet. Die private Vorsorge hat durch das a) verunglückte Zukunftsvorsorgemodell Karl-Heinz Grassers und b) die folgende Finanzkrise einen herben Dämpfer erlitten. Selbst hartgesottene Marktwirtschafter schauten erschüttert auf Depotauszüge der Versicherungen. Und was passiert mit jenen, die sich das nicht leisten können?
Zudem schwelt die Debatte Alt gegen Jung: Gut abgesicherte "Baby-Boomer" richten es sich, die heute 20- bis 30-Jährigen schauen durch die Finger. Das stimmt zum Teil, weil es in der älteren Generation enorme Unterschiede zwischen Beamten und ASVG-Pensionisten gibt.
Eine Versachlichung der Pensionsdebatte ist daher praktisch unmöglich. Regierung und Parlament könnten aber mit weniger polemischen Beiträgen der Debatte den Angst- und Neidcharakter nehmen. Das würde schon helfen.