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"Junge Flüchtlinge rechtswidrig untergebracht"

Von Petra Tempfer

Politik

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Wien. Jedes Kind in Österreich hat laut Gesetz Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind. Und zwar ganz egal, ob dieses Kind aus Österreich kommt, aus dem Ausland oder ob es als illegaler Flüchtling hier lebt. Für tausende unbegleitete minderjährige Flüchtlinge steht dieses Gesetz allerdings nur auf dem Papier - in der Praxis seien sie inadäquat und damit rechtswidrig untergebracht, hat ein von SOS-Kinderdorf in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten ergeben.

Karl Weber und Michael Ganner von der Uni Innsbruck kommen zu dem Schluss, dass die Verwaltungspraxis rechtswidrig sei. Ein Teil der jungen Flüchtlinge sei in ungeeigneten Großquartieren gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht - ohne Schule, Förderung oder Therapie. SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser spricht von rund 3000 Betroffenen. Wer eine adäquate Betreuung erhält und wer nicht, erfolge zufällig.

Dieselben Rechte wie Inländer

Das Ziel sei, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wie in Deutschland in die Kinder- und Jugendhilfegesetze aufzunehmen. Dort sei klar festgehalten, dass diese dieselben Rechte wie Deutsche haben. Das sei zwar auch in Österreich nach geltendem Recht der Fall, so Ganner, in der Praxis scheine das aber wenig bekannt zu sein, was für diese "Nachschärfung" spreche.

Derzeit seien rund 5700 unbegleitete Minderjährige in der Grundversorgung der Länder, sagt Herbert Langthaler von der Asylkoordination. Was den Anteil in Bundesbetreuung - also in Großquartieren mit Erwachsenen - betrifft, kommt er allerdings auf weniger, nämlich auf 600 bis 800. Im Vorjahr seien es mehr gewesen, die Länder hätten erst adäquate Quartiere schaffen müssen. Dass es hier Missstände gab und gibt, sei ihm bewusst. Quartiere mit dem Angebot speziell für Jugendliche zu schaffen, brauche aber seine Zeit. Die Länder hätten schließlich aufgeholt, wobei auch die Erhöhung der Tagsätze hilfreich gewesen sei.

SOS-Kinderdorf bleibt jedoch bei seiner Behauptung, Tausende seien inadäquat untergebracht. Es gehe nämlich um die Definition von inadäquat. Nicht nur die 600 bis 800 Minderjährigen in Bundesquartieren wie Traiskirchen seien gemeint, sondern auch einige Häuser in der Grundversorgung der Länder seien inadäquat - etwa, wenn 40 Jugendliche in einem Haus leben. Das wäre bei österreichischen Jugendlichen nämlich nicht möglich.