![Eine Illustration einer Frau mit Kopftuch.](https://media.wienerzeitung.at/f/216981/2500x1875/a87666ab3f/wz_podcast_header_fatima_storer.jpg/m/384x288/filters:quality(50))
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Sie sind jung, motiviert, sprachbegabt - und träumen davon, Beamte zu werden. Zehntausende junge Osteuropäer streben eine von 3.000 Stellen bei den EU-Institutionen an, die zum Beitritt der neuen EU-Mitglieder im Mai 2004 geschaffen werden. Dabei werden sie nach Einschätzung der Experten viel frischen Wind und neuen Enthusiasmus in die Institutionen bringen.
"Erfrischend und ermutigend" seien die ersten Erfahrungen mit den jungen Leuten aus den neuen Mitgliedsländern, sagt Yves Quitin, zuständig für die Einstellung neuer Mitarbeiter beim Europa-Parlament.
Die europäische Volksvertretung beschäftigt bereits in diesem Jahr rund 500 Assistenten für die 162 osteuropäischen Abgeordneten mit Beobachterstatus. "Diese Assistenten haben alle mehrere Diplome, sind äußerst sprachbegabt und sehr enthusiastisch", sagt Quitin. Das zeige sich schon daran, dass sie auch mit einem zeitlich begrenzten Vertrag bereit waren, im Ausland zu arbeiten.
Neben den Assistenten gibt es auch Praktikanten aus Polen, Ungarn oder den baltischen Republiken, die sich schon im Verständnis der europäischen Verwaltungsmaschinerie üben. Dabei kämen sie erstaunlich gut zurecht, sagt Jacques Nancy, Beamter des EU-Parlaments. "Sie haben die Beitrittsverhandlungen sehr genau verfolgt und erstaunliche Kenntnisse, was die Vorgänge innerhalb der EU betrifft."
Das große Ziel all dieser Nachwuchseuropäer ist eine feste Stelle als EU-Beamter: 3000 Posten wurden in einem ersten Schub ausgeschrieben, 38.000 Bewerber werden sich Ende des Jahres den Auswahlverfahren stellen. Im nächsten Jahr wird es voraussichtlich eine zweite Ausschreibung für weitere Stellen geben. "Diese Ausschreibung war für uns etwas völlig Neues", gesteht Erik Halskov vom Europäischen Amt für Personalauswahl (EAP). In seiner Abteilung sei sogar gewettet worden, wieviele Bewerbungen für die 3.000 Stellen eingehen würden. Die Tipps seien zwischen 30.000 und 124.000 gelegen.
Eine Überraschung sei der hohe Anteil weiblicher Bewerber gewesen, der mit 57 Prozent erstmals bei einer EU-Ausschreibung über dem der Männer liege, sagt Halskov. Die Bewerber sind im Schnitt 30 Jahre alt und haben sich mit überwältigender Mehrheit für Englisch als Testsprache entschieden: 68 Prozent wollen auf Englisch geprüft werden, 20 Prozent auf Deutsch und zwölf Prozent auf Französisch.
Wer den Test erfolgreich besteht, kann sich auf einen Job freuen, der deutlich besser bezahlt ist, als alle vergleichbaren Tätigkeiten in der Heimat: Der Durchschnittslohn in den neuen EU-Ländern liegt bei 500 Euro im Monat. "Ich erwarte mir ein höheres Gehalt", sagt die 27-jährige Polin Marta Gorecka, die am Auswahlverfahren teilnimmt.
Doch Geld ist nicht die einzige Motivation. Ein junger Ungar habe ihm anvertraut, EU-Beamter gelte mittlerweile als "schicker" Beruf, sagt Yves Quitin. Eine andere junge Polin setzt auf größere Chancengleichheit: "In Polen kann man nur als Mann Karriere machen." Außerdem erinnere sich diese Generation noch an die Zeit des Kommunismus und des Eisernen Vorhangs, betont der EU-Beamte. "Und für sie bedeutet die Europäische Union auch, dass mit diesem Regime ein für allemal Schluss ist."