Damit sich Bäume und Ökosystem erholen können. | Berlin. Im schottischen Hochland sollten bald wieder Wölfe heulen, fordern Waldökologen um William Ripple von der Oregon State University in den USA. Seit die Raubtiere dort vor mehr als 250 Jahren ausgerottet wurden, breiten sich statt der einst üppigen Wälder meist weite Hochmoore aus. Ursache für diese Entwicklung könnte das Rotwild sein, das sich seither kräftig vermehrt hat und das gern junge Bäumchen kahl frisst.
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Eine ähnliche Entwicklung beobachte William Ripple in verschiedenen Regionen der USA wie dem Yellowstone Nationalpark. Dort waren die Wölfe aber erst vor einigen Jahrzehnten ausgerottet worden. Das gleiche Rotwild wie in Schottland konnte nun ungestört von gefährlichen Raubtieren 24 Stunden am Tag an den Knospen von Weiden, Espen und Pappeln knabbern. Die meisten jungen Bäumchen überlebten die Fress-Attacke nicht. Fehlen diese Gehölze, schwemmen Hochwasser viel leichter ihre Ufer weg. Darunter aber leidet die gesamte Lebensgemeinschaft von Insekten über Fische und Vögel bis zum Biber.
Als die Wölfe in diesen Regionen in den USA wieder eingeführt wurden, drehten sie das Rad wieder zurück. Weil etliche Hirsche den Raubtieren zum Opfer fielen, nahm ihre Zahl wieder ab. Die Überlebenden mussten jetzt wieder vor Wölfen auf der Hut sein und konnten nicht mehr ungestört an den leckeren Knospen knabbern.
Bald erholten sich in Gebieten wie dem Yellowstone Nationalpark nicht nur die Baumbestände, sondern die gesamte Lebensgemeinschaft. William Ripple hat diese Entwicklung wissenschaftlich begleitet und gilt als Top-Forscher für das Ökosystem "Wald und Wolf".
Ein Großversuch in Schottland sollte die gleichen Zusammenhänge auch dort beweisen, meint der Forscher. Schließlich frisst dort das gleiche Rotwild die Jungbäume kahl und überweidet das Land. Birken, Erlen, Ebereschen, Weiden, Traubenkirschen, Eichen und Wacholder sind seit dem Ausrotten der Wölfe aus dem schottischen Hochland weitgehend verschwunden, eintönige Nadelwälder oder karge Hochmoore sind an ihre Stelle getreten.
Test auf einer Insel
Ob das Rotwild wirklich an dieser Entwicklung schuld ist und ob die Rückkehr der Wölfe auch das einstige Ökosystem wieder bringt, möchte William Ripple erst einmal auf einer größeren Insel testen. Niemand weiß schließlich, ob das Ganze in Schottland ähnlich wie in den USA klappt. So sind viele Arten im Hochland bereits seit 250 Jahren verschwunden und niemand weiß, ob zum Beispiel Samen dieser Arten noch im Boden liegen und wieder keimen können.
Sicher sind sich die Forscher aber, dass bereits wenige Wölfe die an solche Feinde seit Jahrhunderten nicht mehr gewöhnten Rotwild-Bestände erheblich dezimieren würden. Wie das Ökosystem auf den abnehmenden Druck der gefräßigen Hirschmäuler reagiert, wollen die Waldökologen dann dokumentieren.