Vater überließ seinem Sohn den Thron. | Land ist erst seit heuer Demokratie. | Neu Delhi. Er ist jung, unverheiratet, sieht gut aus, hat einen Oxford-Abschluss, Charme und tadellose Manieren. Und seit Donnerstag ist er auch noch König - der jüngste der Welt: Seine Majestät Jigme Kesar Namgyel Wangchuk herrscht jetzt offiziell über das kleine Märchenreich Bhutan, das hoch im Himalaya-Gebirge zwischen Indien und China liegt. Mit seinen 28 Jahren übernimmt Kesar als fünfter Drachenkönig den Thron von seinem Vater, der freiwillig die Krone abgibt.
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Denn Vater Jigme Singye Wangchuck ist ein Revolutionär in Königskleidern. Erst hat Singye seinem Volk die Demokratie und freie Wahlen aufgezwungen, dann hat er beschlossen, selbst zurückzutreten, um Platz für seinen Sohn zu machen. Der pensionierte Drachenkönig ist mit seinen 52 Jahren immerhin sieben Jahre jünger als Langzeit-Thronfolger Prinz Charles.
Schon vor zwei Jahren hat Singye seinem jungen Sohn die Geschäfte überlassen. Doch offenbar wollte man mit der Übergabe der goldenen Raben-Krone noch bis nach den ersten demokratischen Wahlen Anfang des Jahres warten. Und dann mussten im buddhistischen Bhutan auch noch die Astrologen befragt werden. Die Sterndeuter legten schließlich den 6. November 2008, den achten Tag des neunten Monats im Jahr der Erdratte, fest.
Der neue König verfügt über deutlich weniger Macht als sein Vorgänger: Bhutan ist seit der Wahl die jüngste Demokratie der Welt. Kesar muss seinen Thron räumen, wenn zwei Drittel der Abgeordneten im Parlament von Thimphu das wollen.
Doch das ist nicht zu befürchten, denn das Königshaus genießt großen Respekt bei den rund 600.000 Einwohnern des Zwergenstaates. Viele Untertanen sind nur widerwillig, und allein weil der König es wollte, wählen gegangen. Das abgeschiedene und industriell kaum entwickelte Bhutan ist das einzige Land der Erde, das neben den klassischen Wirtschaftsdaten auch den Grad der Zufriedenheit seiner Einwohner misst. Das "Bruttoglücksprodukt", nicht das Bruttosozialprodukt des Landes sei seine Priorität, hatte König Singye kurz nach seiner Thronbesteigung 1972 erklärt. Sein Sohn sieht das nicht anders. Angesichts der globalen Finanzkrise könnte diese Einsicht jetzt auch außerhalb Bhutans Nachahmer finden.