Heftige Diskussion um Justizanwalt bei Herbsttagung der Juristenkommission. | Wien. Heftige Debatten zur Staatsreform hat es bei der Herbsttagung der Österreichischen Juristenkommission (ÖJK) am Dienstagabend gegeben. Denn auf der Tagesordnung standen die strittigen Punkte wie die zweistufige Verwaltungsgerichtsgerichtsbarkeit und die Justizanwaltschaft zur Kontrolle der Gerichte.
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Die Experten sehen die Unabhängigkeit der Richter in Gefahr: "Wenn der Justizanwalt einem Richter sagt, er soll sich die Zähne besser putzen, weil er aus dem Mund nicht gut riecht, ist das schon ein Eingriff in die richterliche Autorität", meinte der Salzburger Jurist Reinhard Klaushofer. Eine Schwachstelle sei auch die mögliche Einflussnahme auf den Justizanwalt durch den Nationalrat, der ersteren abberufen kann.
Und die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, fordert statt des Justizanwalts eine stärkere innere Kontrolle. Der Vorsitzende der Reformgruppe, Georg Lienbacher vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, versuchte, die Bedenken seiner Juristenkollegen zu zerstreuen: Eine "inhaltliche Kontrolle war nie angedacht". Allerdings müssten einige Details des Entwurfs noch "abgeschliffen werden".
Zur Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit - die rund 70 Berufungssenate werden durch zehn Verwaltungsgerichte ersetzt - zeigte sich der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), Clemens Jabloner, skeptisch. Er ortet "eine Quadratur des Kreises". Einerseits müsse der VwGH entlastet werden - problematisch sind die gestiegenen Beschwerden zum Asylrecht (Grafik). Andererseits "wollen wir nicht ausgeschaltet werden".
Nun doch Asylsenat statt Gerichtshof
Apropos Asylrecht: Leise Kritik kam an der nun doch von der Regierung beschlossenen Schaffung eines Asylgerichtshofs. Dies war zwar im Regierungsprogramm vorgesehen, die Experten hätten aber einen eigenen Senat im Rahmen der Verwaltungsgerichte lieber gesehen.
Nun sind laut Lienbacher aber Verhandlungen im Gange, den Asylgerichtshof zunächst einzurichten, ihn aber später im Rahmen der Staatsreform doch wieder in die Verwaltungsgerichte einzugliedern. "Letztendlich muss man einen Kompromiss finden", meinte der Verfassungsexperte.