Land verlor bei Styrian Spirit mehr Geld als die Hypo. | Kulterer-Anwalt: In erster Phase "kein Politprozess". | Klagenfurt. Wenn heute, Dienstag, der Strafprozess gegen Ex-Hypo-Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer und zwei Mitangeklagte beginnt, stehen nicht nur - erstmals in der Hypo-Affäre - ehemalige Spitzenbanker vor Gericht, sondern auch Entscheidungen der Kärntner Landespolitik auf dem Prüfstand.
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Die Anklage wirft - neben Kulterer - auch dem damaligen Hypo-Österreich-Chef Gert Xander und einem ehemaligen Prokuristen der Bank vor, ohne die nötigen Sicherheiten im Frühherbst 2005 einen Zwei-Millionen-Euro-Kredit an die marode Fluglinie Styrian Spirit vergeben zu haben. Als Styrian Ende März 2006 pleiteging, war das Geld weg.
Sollte sich nun tatsächlich herausstellen, dass die Situation des Unternehmens eine Kreditvergabe nicht gerechtfertigt hätte, würde dies auch die Wirtschaftskompetenz der Landesführung massiv in Frage stellen. Schließlich war der Verlust für die Kärntner Steuerzahler noch höher als jener der Hypo: Im Juni 2005 hatte die Regierungskoalition aus Freiheitlichen und SPÖ beschlossen, dass die - damals landeseigene - Kärnten Tourismus Holding (KTH) für drei Millionen Euro eine Beteiligung an Styrian Spirit erwerben sollte. Die Investition musste letztlich abgeschrieben werden.
Franz Voves als Zeuge?
KTH-Chef Reinhard Zechner betont, dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider aktiv von dem Engagement abgeraten zu haben - nicht nur, aber auch wegen der wirtschaftlichen Situation der Fluglinie. Letztlich sei die Beteiligung durch eine Weisung Haiders erzwungen worden, die "Wiener Zeitung" berichtete.
Bei den drei Millionen dürfte es sich allerdings nur um einen Tropfen auf den heißen Stein gehandelt haben. Laut einem Gutachten, das auf Anklageseite ins Treffen geführt wird, hätte der laufende Verlust 2005 bei Styrian Spirit 14 Millionen Euro ausgemacht. Zur nachhaltigen Sanierung wären mehr als 20 Millionen Euro nötig gewesen.
Dass kein weiteres Geld geflossen ist, werfen sowohl Ex-Bankmanager als auch Kärntner Politiker der Steiermark vor. Es existierte nämlich eine Absichtserklärung der dortigen Landesspitze, ebenfalls bei Styrian Spirit einzusteigen - allerdings vorbehaltlich einer positiven wirtschaftlichen Prüfung. Kulterers Anwalt Ferdinand Lanker schloss zuletzt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" nicht aus, den steirischen Landeshauptmann Franz Voves als Zeugen vor Gericht laden zu wollen. "Das wäre in einer zweiten Phase des Verfahrens denkbar", so Lanker. Er glaube jedoch, dass sich der Sachverhalt auch "ohne große Politikerbeteiligung" aufklären lasse. "Ich habe nicht vor, einen Politprozess daraus zu machen.
Garantie blieb aus
Alle drei Angeklagten weisen sämtliche Vorwürfe zurück - es gilt die Unschuldsvermutung. Einerseits wird in Bezug auf Styrian Spirit auf positive Planrechnungen verwiesen. Andererseits soll Haider eine Landesgarantie für den Kredit in Aussicht gestellt haben - tatsächlich erteilt wurde sie allerdings nie. Da das Land mehr als 40 Prozent an der Airline gehalten habe, sei eine Pleite nicht absehbar gewesen, wird argumentiert. Kulterer führt zudem ins Treffen, nur Aufsichtsratschef der kreditvergebenden Hypo-Österreich gewesen zu sein und kein operativ tätiger Manager.
Der zweite Vorwurf gegen Kulterer bezieht sich auf einen - letztlich verlustträchtigen - 150.000-Euro-Kredit der Hypo für den Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler. Der Kredit soll - wie jener an Styrian Spirit - auf Zuruf Haiders vergeben worden sein. Kulterer bestreitet auch hier jedes Fehlverhalten. Er wirft Guggenbichler Kreditbetrug vor, dieser hat seinerseits eine Anzeige gegen Kulterer eingebracht - für alle gilt die Unschuldsvermutung. Dritter Vorwurf gegen den früheren Hypo-Chef im aktuellen Verfahren ist eine angebliche Falschaussage vor dem Hypo-U-Ausschuss des Kärntner Landtags. Hier ortet Kulterer lediglich "geringfügige Datierungsfehler".
Der Prozess stellt laut Staatsanwaltschaft nur eine "Teilerledigung" in Sachen Hypo dar. Eine weitere Anklage in Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung im Jahr 2004 wird derzeit vom Justizministerium geprüft - die "Wiener Zeitung" berichtete exklusiv.