Nach Kritik am "Störfeuer" im Ibiza-Ausschuss kommt bald Gesetzesänderung. Grüne prüfen auch Bedenken bei Anti-Terror-Paket.
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Die Staatsanwälte werden künftig bei Ermittlungen weniger am Gängelband von Justizministerium und Oberstaatsanwaltschaften hängen. Das Justizministerium, das interimistisch von Vizekanzler Werner Kogler während der Babypause von Ressortchefin Alma Zadic (beide Grüne) geführt wird, hat eine gesetzliche Neuregelung weit vorangetrieben.
"Die Vorarbeiten für eine Gesetzesänderung sind bereits weitestgehend abgeschlossen und werden in Bälde vorgelegt", teilte das Ressort der "Wiener Zeitung" am Donnerstag mit. Diese Reformpläne sind unabhängig von der Aufregung um Aussagen von Christine Jilek am Mittwoch im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss ausgearbeitet worden. Die lange bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) tätige Jilek hat ein "Störfeuer" bei Ermittlungen um das Ibiza-Video und die "Schredderaffäre" im Kanzleramt angeprangert, die Befreiung der WKStA aus dem "politischen Korsett" verlangt.
Das Gesetzesprojekt des von den Grünen geführten Justizministeriums geht in Richtung einer Lockerung des "Korsetts". An einer "umfassenden Reform" der Berichtspflichten werde mit der neuen Sektionschefin für Einzelstrafsachen gearbeitet: "Wichtig ist, dass die Berichtspflichten an das Ministerium und an die Oberstaatsanwaltschaften reduziert werden." Außerdem wird ausdrücklich betont, dass die Kritik am "Störfeuer" in die Zeit der Amtsvorgänger von Zadic falle. Im Justizressort ist man sich bewusst, dass besonders oft die Berichtspflichten in Zusammenhang mit dem Ibiza-Verfahren medial kritisiert worden seien.
181 Berichte erstattet
Aus diesem Anlass habe die Ressortleitung eine genaue Analyse der in diesem Verfahren erstatteten Berichte veranlasst. Ergebnis: Insgesamt wurden 181 Berichte erstattet, davon gehen 16 auf aufsichtsbehördliche Berichtsaufträge der Oberstaatsanwaltschaft zurück. Weitere 17 wurden vom Justizministerium als Aufsichtsbehörde aufgetragen. 58 Berichtsaufträge seien aufgrund parlamentarischer Kontrollrechte erfolgt (22 aufgrund parlamentarischer Anfragen und 36 aufgrund von Anforderungen des Untersuchungsausschusses). Die restlichen 90 Berichte habe die WKStA "unaufgefordert auf Grund der gesetzlichen Berichtspflichten erstattet", heißt es in der peniblen Aufstellung.
Darüber hinaus habe die WKStA im ersten Amtsjahr von Zadic als Justizministerin die Zahl der WKStA-Planstellen um zehn Prozent erhöht. Weiters sei eine Evaluierung von Großverfahren eingeleitet worden sowie eine "innere Gewaltenteilung" im Ressort durch die vorgenommene Trennung in eine Sektion für Straflegistik und für Einzelstrafsachen, wird im Justizministerium betont.
Eine große Herausforderung wartet mit der Fertigstellung des Anti-Terror-Pakets nach dem Terroranschlag in Wien am 2. November. Die Leiterin der Untersuchungskommission, die Wiener Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes, hat nach dem für den Verfassungsschutz vernichtenden Abschlussbericht die geplante Einführung eines eigenen Straftatbestandes für religiös motivierten Terrorismus als nicht notwendig abgelehnt. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hält aber daran fest. Die Grünen und deren Parteichef Kogler sind damit in einer Zwickmühle. Der grüne Nationalratsklub hat deutlich gemacht, dass beim Anti-Terror-Paket noch nicht alles fix ist. Im Justizministerium werden die zahlreichen Stellungnahmen dazu gerade geprüft. Man werde aber auch die Empfehlungen der Untersuchungskommission einfließen lassen.