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Die Kärntner Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Handy und Laptop eines Journalisten. Jetzt prüft das Justizministerium.
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Es ist ein Aufreger auf leisen Sohlen, der sich ab Dienstag heranpirschte. Richtig aufgeschlagen ist er erst tags darauf. Auf seiner Webseite hatte der Kärntner Investigativ-Journalist Franz Miklautz informiert, dass er Beschuldigter in einer Strafsache sei. "Da die von mir geschriebenen Storys vollinhaltlich stimmen und man mich medienrechtlich nicht belangen kann, versucht es die Gegenseite nun mit dem Strafrecht", vermutet er. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt führe ihn als Erstbeschuldigten.
Es geht um eine "Beitragstäterschaft zum Amtsmissbrauch", da sich der Journalist in seinen Artikeln auf interne Unterlagen beruft. Für die Staatsanwaltschaft stehen Amtsmissbrauch und Verstöße gegen das Datenschutzgesetz im Raum. Die Justizbehörde ließ von Beamten des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention (BAK) deshalb Miklautz’ Handy und Laptop sicherstellen.
Was ist passiert? Miklautz schreibt über wilde Dinge. Im Februar berichtete er über den mächtigsten Beamten im Klagenfurter Rathaus, Peter Jost. Der soll im Jahr 2022 rund 800 Überstunden ausbezahlt bekommen haben. Miklautz schreibt von "66.000 Euro an Überstundengeldern". Obendrein soll Jost über das Regelpensionsalter hinaus Magistratsdirektor bleiben, was in der Opposition zu großem Ärger führte. Ein Dringlichkeitsantrag soll nicht zugelassen worden sein - ausgerechnet basierend auf Josts juristischer Einschätzung. Auch ein anderer Beamter, Martin Strutz - einst in der Landesregierung von Jörg Haider -, soll sich von Jost viele Überstunden genehmigen haben lassen. Miklautz konnte darüber berichten, da ihm Lohn- und Gehaltszettel, darunter jene von Jost, und bewilligte Überstundenanträge von Strutz vorliegen. Die Staatsanwaltschaft spricht von "tausenden oder gar zehntausenden Datensätzen".
Heftige Kritik an Justizbehörde
Journalistische Interessensvertretungen kritisierten das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft umgehend. Der Presseclub Concordia und die Vereinigung der Chefredakteur:innen spricht von einer "groben Einschüchterung", außerdem befürchtet man einen "Chilling-Effekt". Durch solche Aktionen können künftige Whistleblower abgeschreckt werden, Journalisten Informationen zukommen zu lassen. Reporter ohne Grenzen spricht von einem "Angriff auf die Pressefreiheit" und nennt der Vorwurf einer Beitragstäterschaft einen "Dammbruch".
Bei Medien und Journalisten greift eigentlich das Redaktionsgeheimnis und die Pressefreiheit, ein besonderer Schutz von Medien. Sie ist sogar in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Auch in der Judikatur ist klar, dass journalistische Arbeit kein Verbrechen ist und das Redaktionsgeheimnis nicht umgangen werden kann. Journalistinnen und Journalisten machen sich nur strafbar, wenn sie bestechen oder zum Amtsmissbrauch anstiften. Laut Sicherstellungsanordnung wird das Miklautz allerdings nicht vorgeworfen. Er soll nur Teil des Amtsmissbrauchs gewesen sein: "Der Erstbeschuldigte steht im Verdacht, diese übermittelten Daten in weiterer Folge in vielzähligen Artikeln sowohl im Medium ‚Mediapartizan‘ als auch im Printmedium ‚Kärntner Monat‘ veröffentlicht zu haben." Von einer Anstiftung der beiden anderen Beschuldigten schreibt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt nichts.
Handy und Laptop wurden nicht im Zuge einer Hausdurchsuchung abgenommen, sondern durch eine Sicherstellung. Das ist wichtig, denn: Bei einer Hausdurchsuchung ist es nicht die ermittelnde Staatsanwaltschaft, die die Einsatzbehörden beauftragt, sondern der Antrag muss von einem Gericht bewilligt werden. Hier kommt dann auch der Rechtsschutzbeauftragte zum Zug, der die Rechte des Verdächtigen bzw. Beschuldigten prüft. Spätestens hier hätte auffallen müssen, dass das Redaktionsgeheimnis greifen könnte.
Eine Sicherstellung wird von den Staatsanwälten selbst beauftragt. Meist ist dabei keine Freigabe der Fachaufsicht notwendig. Von der "Wiener Zeitung" zu den Vorgängen befragt, sagte ein Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft Graz, nichts von der Aktion der Kärntner Staatsanwältin gewusst zu haben. Man habe "heute über Medienberichte vom Sachverhalt Kenntnis erlangt". Der Vorgang soll nun rasch evaluiert werden, so die Fachaufsicht weiter.
Zadic greift ein
Nicht nur die Oberstaatsanwaltschaft, sondern auch Justizministerin Alma Zadic sah sich gezwungen, zu reagieren. Neben Bekundungen, dass die Pressefreiheit "ein unumstößliches Grundprinzip unserer demokratischen Ordnung" sei, das es zu schützen gilt, gab ihr Büro bekannt, dass die "sichergestellten Datenträger und ihr Inhalt versiegelt" von einem Gericht aufbewahrt würden. Das müsse nun auch prüfen, ob die Datenträger ausgewertet werden dürfen. Das Justizministerium erteilte nach Bekanntwerden außerdem einen dringenden Berichtsauftrag.