Beamtenministerin sieht Justiz und Finanz gefordert. | Finanz- und Justizressort verweisen auf Heinisch-Hosek. | Richter orten Hin- und Herschieben der Verantwortung. | Wien. Der Streit um das Justizpersonal geht in die nächste Runde. Am Freitag sollten eigentlich bei einem runden Tisch Justizministerium, Finanzministerium und Bundeskanzleramt auf Einladung von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek gemeinsam mit Richtern und Staatsanwälten an Lösungen für die Personalnot in der Justiz arbeiten.
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Sollten. Denn wer nicht kommt, ist das Finanzministerium. In diesem Rahmen könne das Ministerium keinen Beitrag leisten, heißt es als Begründung aus dem Ressort von Josef Pröll. Die Geldfrage sei mit dem Finanzrahmengesetz geklärt worden, jetzt gehe es nur noch darum, wie man dem Justizressort die nötigen Planstellen zukommen lassen könne. Und das sei Sache Heinisch-Hoseks.
Heinisch-Hosek wiederum sieht Finanz- und Justizministerium gefordert. Auch die Richter freut die Absage des Finanzministeriums nicht: "Diese Haltung ist typisch für das Finanzministerium - es scheint ihnen wurscht zu sein, was in der Justiz passiert", sagt der Präsident der Richtervereinigung, Werner Zinkl. Er beklagt, dass die Verantwortung zwischen den Ministerien hin- und hergeschoben würde.
Nach der jüngsten Rechnung fehlen in der Justiz 187 Richter, 43 Staatsanwälte und rund 200 Rechtspfleger und Kanzleibedienstete. Das Justizpersonal soll zwar noch heuer um 70 Stellen aufgestockt werden, dabei handelt es sich aber um Staatsanwälte und nichtrichterliche Kräfte, die ausnahmslos in den anstehenden Wirtschaftsgroßverfahren eingesetzt werden sollen. An der Personalnot in der Justiz ändert das laut Richtervereinigung nichts.
Staatsanwälte: Angst vor "Etikettenschwindel"
Auch der Vorsitzende der Vereinigung der Staatsanwälte, Wolfgang Swoboda, hat Angst vor einem "Etikettenschwindel": Mit dem Zusatzpersonal bleibe das Defizit im Regelbetrieb gleich. Denn er hat wenig Hoffnung, dass die Wirtschaftsfälle weniger werden und das Personal sich anderen Verfahren widmen könne.
Um der Personalnot zu begegnen, hat die Richtervereinigung einen Stufenplan entwickelt: Demnach soll das Justizpersonal in vier Jahresschritten um die nötigen Stellen aufgestockt werden - gleichzeitig will man Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung ausloten. Zinkl geht von rund sechs Millionen Euro jährlich an Kosten für 200 Richteramtsanwärter aus. Dieses Geld könne durch Einsparungen an anderer Stelle - etwa bei Drogentherapie oder Verfahrenshilfen - lukriert werden, andererseits sieht er nach wie vor auch das Finanzministerium gefordert.
Aus dem Büro von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner heißt es dazu, Umschichtungen von Sach- zu Personalaufwand seien "nicht unendlich" möglich. Heinisch-Hosek solle die nötigen Planstellen organisieren, dann könne man mit dem Finanzminister über deren Finanzierung diskutieren. So habe man bereits im Sommer 2009 ein Konzept vorgelegt, wie 200 Post- und Telekombeamte für den Justizbereich umgeschult werden könnten. Bis jetzt gebe es noch keine Reaktion aus dem Beamtenministerium.
Dem Gespräch am Freitag sehen alle Beteiligten guten Mutes entgegen: Bandion ist "gespannt auf konstruktive Gespräche", Zinkl erwartet sich eine "ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Stufenplan", und Swoboda ist "gedämpft optimistisch". Eine rasche Lösung der Personalknappheit scheint allerdings nicht in Sicht.