Die Demokratische Republik Kongo nahm am Dienstag Abschied vom ermordeten Staatschef Laurant-Desiré Kabila. Als westlicher Politiker kam einzig Belgiens Außenminister Louis Michel als Vertreter der einstigen Kolonialmacht nach Kinshasa. Zur Einäscherung angereist waren auch jene Verbündeten, die dem 63-jährigen Kabila seit dem Rebellenaufstand im Osten des 48-Millionen-Staates den Machterhalt gesichtert hatten: die Präsidenten Angolas, Simbabwes und Namibias. Im Anschluss an die Begräbniszeremonie wurde Kabilas 32-jähriger Sohn Joseph als Nachfolger vereidigt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ob sich der Generalmajor gegenüber den mächtigen lokalen Armeeführern und alliierten Streitkräften an der Macht halten kann, wird sich weisen. Eines steht aber bereits fest: Angola wird bei der künftigen Zusammensetzung der Regierung und der Ausgestaltung der Politik Kinshasas ein honoriges Wörtchen mitreden. "Es ist ausgeschlossen, dass (Angolas Präsident José Eduardo) dos Santos jemandem erlaubt, die Macht in Kinshasa zu übernehmen - und dann kontrolliert er diese Person nicht", erläutert Ben Jackson, Direktor von "Peace Monitor", gegenüber der Agentur IRIN die künftige Handlungsbreite des ältesten Kabila-Sprösslings.
Noch ranken sich Legenden um die Hintergründe der Ermordung seines Vaters. Die Mutmaßungen reichen von einem erkauften Attentat der Rebellenorganisation "Kongolesische Bewegung für Demokratie" (RCD) über eine Palastrevolte unzufriedener Offiziere bishin zu einen Mordkomplott Angolas. Als gesichert gilt bisher nur, dass Kabila in seinem Präsidentenpalast von einem Leibwächter mit drei Schüssen niedergestreckt wurde.
Und, wie Beobachter meinen, dass ohne das Wissen Luandas ein solcher Mordanschlag nicht möglich war. Mit einer eher symbolischen Truppenpräsenz, die Simbabwes Präsident Robert Mugabe Kabila im Kampf gegen die Rebellen zur Verfügung gestellt hat, und den 2.000 Mann, die Namibia im Nachbarland postierte, spielt Angola tatsächlich die Schlüsselrolle in der Pro-Kinshasa-Allianz. Ein Kontingent von 11.000 Mann, darunter einige Elitetruppen, war Präsident dos Santos immerhin in den vergangenen zwei Jahren die Absicherung von Kabilas Macht wert.
Die Intervention Luandas zugungsten Kabilas 1998 erfolgte weniger aus altruistischen Motiven denn aus Eigeninteresse: dos Santos war daran gelegen, die Grenzrouten der heimischen rechtsgerichteten UNIITA-Rebellen zu schließen, die diese im angolanischen Bürgerkrieg für ihren Waffennachschub benützten.
Doch "Kabila war zuletzt nicht mehr interessiert, die UNITA-Bewegung zu kontrollieren. Er war nah dran zu vergessen, warum dos Santos im Kongo war", meint Claude Kabemba vom südafrikanischen Institut für politische Studien mit Blick auf ein mögliches Tatmotiv. "Vielleicht war es Kabilas Arroganz, die zu seinem Tod führte".
Angola war es in den vergangenen Monaten gelungen, die aus der DR Kongo geschmuggelten Waffen des UNITA-Chefs Savimbi zum Schweigen zu bringen. Nichts fürchtet dos Santos daher mehr als ein erneutes Wiederaufflammen dieses Krieges, den Savimbi seit den 70er Jahren mit großer Unterstützung des Kabila-Vorgänger Mobutu gegen Luanda lange erfolgreich geführt hatte - im Tausch Diamanten gegen Waffen. Diese Furcht dos Santos muss sich Joseph Kabila zu Herzen nehmen, wenn er an der Macht bleiben will.