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Kabinettsumbildung nach nur einem Monat

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Frankreichs Präsident Macron wollte eine vorbildliche Regierung - doch dem hohen Anspruch konnte das erste Kabinett nicht entsprechen.


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Paris/Straßburg. Eigentlich sollte François Bayrou, Chef der französischen Zentrumspartei MoDem ("Mouvement démocrate"), Emmanuel Macron mit zu einer stabilen Machtbasis verhelfen. Als er im Februar dem heutigen Präsidenten und nicht den Konservativen seine Unterstützung zusagte, gab dies Macron einen wichtigen Schub im Wahlkampf. Jetzt aber wurde ihm Bayrou als bisheriger Justizminister äußerst unbequem, da seiner Partei Scheinbeschäftigung vorgeworfen wird. Am Mittwoch reichte dieser seinen Rücktritt ein, kurz nach seinen Parteikolleginnen, Europa-Staatssekretärin Marielle de Sarnez, und Verteidigungsminister Sylvie Goulard. Diese erklärte, sie wolle "frei meine Redlichkeit beweisen".

War nach den Parlamentswahlen am Wochenende ursprünglich eine geringfügige Umbildung des Kabinetts vorgesehen, so kam es in der Folge dieser Rücktrittsserie zu einer ganzen Reihe Veränderungen. Der breiten Öffentlichkeit sind die neuen Gesichter kaum bekannt: Die Juristin und Rechtsprofessorin Nicole Belloubet ersetzt Goulard als Justizministerin, die frühere Managerin und Beraterin und Sozialistin Florence Parly wird als "Ministerin der Armeen" für Verteidigung zuständig sein, der bisherige Landwirtschaftsminister Jacques Mezard kommt ins Ministerium für Städtebau und Raumplanung, nachdem noch ein weiteres Schwergewicht angesichts eines drohenden Skandals gehen musste: Richard Ferrand, früherer sozialistischer Abgeordneter und einer der ersten wichtigen Unterstützer Macrons auf seinem rasanten Weg nach oben. Er wird Vorsitzender in der Nationalversammlung der neuen Mehrheitsfraktion LREM. Gegen ihn laufen Vorermittlungen, weil er als früherer Chef einer Lokalkrankenkasse in der Bretagne seiner Partnerin zu einem lukrativen Immobiliendeal verholfen haben soll; außerdem stellte er, wie viele andere Parlamentarier, seinen Sohn als Mitarbeiter ein. Die Presse bewertete diese unvorhergesehene Kabinettsumbildung als "erste Krise der Ära Macron".

Zugrunde liegt der Verdacht wegen Scheinbeschäftigung. Wie der Front National steht MoDem dem Vorwurf gegenüber, man habe Mitarbeiter, die lediglich für die eigene Partei in Frankreich arbeiteten, als EU-Assistenten von Brüssel bezahlen lassen. Anders als beim Front National, von dem das EU-Parlament Rückzahlungen in Höhe von fast 300.000 Euro fordert, ist noch nichts bewiesen, es laufen lediglich Vorermittlungen. Doch allein dass die Verdächtigungen ausgerechnet im Kabinett Macrons aufkommen, der ein Ende alter, undurchsichtiger Praktiken versprochen hat, wirkt wie ein Rückschlag.