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Kaffee mit George und James

Von Eva Stanzl

Wissen
James räumt auf: Haushaltsroboter in seinem Element. Foto: Neunteufel

James erledigt bis zu 1000 Tätigkeiten und kann neue dazu lernen. | EU-Roboterforschung arbeitet daran, Maschinen das Denken beizubringen. | Wien. "Ich werde die Entwicklung von Robotern noch erleben, mit denen die Menschen gern zusammen sind. Der Austausch wird so umfangreich sein, dass die Roboter als Gefährten wahrgenommen werden. Eine Doktorandin bat mich um den Stand der Forschung bei Beziehungsmaschinen. Sie sagte, sie würde ihren Freund gegen einen hochentwickelten Roboter eintauschen, wenn dieser ,fürsorgliches Verhalten an den Tag legte." Dieses Szenario beschreibt die US-Forscherin Sherry Turkle, Psychologin am Massachusetts Institute of Technology in ihrem jüngsten Essay, "Der Augenblick der Roboter".


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Bis die Genossen aus Blech aber Fürsorglichkeit entwickeln können, die Mitgefühl entspringt, muss die Forschung noch viel Arbeit leisten. "Nichts ist schwieriger, als Maschinen kognitive Fähigkeiten zu geben. Darin sind Roboter noch nicht einmal so weit wie kleine Kinder", sagt Markus Vincze von der Technischen Universität (TU) Wien. Er und sein Team vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik präsentierten am Donnerstag den Haushaltsroboter James.

James erledigt kleine Botendienste relativ reibungslos. Der elektronische Butler erkennt einfache Sätze wie "James, bitte hole mir einen Kaffee". Dann rollt er davon und sucht das Gewünschte. Hat er es gefunden, braucht er allerdings noch Hilfe, um es seinem Besitzer zu bringen - Greifarme, die Objekte von unterschiedlicher Härte anfassen können, sind noch in Arbeit. Nach Erfüllung seiner Aufgabe zieht sich James zurück und wird erst wieder aktiv, wenn man ihn per Zuruf, Smartphone oder iPad ruft. Das besondere an dem Wiener Roboter: Anders als viele seiner Artgenossen ist er dazu fähig, zu lernen und sich das Gelernte auch zu merken. James kann bis zu 1000 Orte und Tätigkeiten erlernen. Und er kann umlernen - etwa wenn seine Besitzer übersiedeln.

Die "Augen" des rund 1,50 Meter großen und recht nüchtern aussehenden Dieners bestehen aus Laser-Sensoren, die mit einer Stereo-3D-Kamera verbunden sind. Über sie erkennt er Gegenstände. Lasersensoren knapp über dem Boden geben die Entfernung zu Wänden an. So bewegt er sich im Raum ohne gegen eine Wand zu prallen, eine schlafende Katze zu überfahren oder die Stufen hinunterzufallen.

Wer sich vergegenwärtigt, dass die japanische Autofirma Honda bereits Roboter-Fußballteams gegen einander antreten lässt, könnte zu dem Schluss kommen, James sei ziemlich einfach gestrickt. Vincze widerspricht: "James lernt, unterschiedliche Kategorien von Objekten zu erkennen. Das ist viel schwieriger, als Fußball zu spielen."

Robotische Fußballer haben klare Vorgaben: Grünes Spielfeld, weiße Linien, zwei Tore, ein Ball und gewisse Bewegungen. "Einen Tisch abzuräumen ist dagegen viel komplizierter, denn der sieht nach jedem Essen anders aus", sagt der TU-Professor. Nicht minder komplex sei es, Stühle zu erkennen, da auch sie unterschiedlich aussehen - Hocker, Sessel mit Armlehnen oder Stuhlbeine aus Stahlrohr, das spiegelt. "Die Palette an Dingen, die James erlernen muss, ist so anspruchsvoll wie wenn Fußball-Roboter auf einem schwarzen, spiegelnden Feld spielen müssten", sagt Vincze.

Kostenpunkt 600.000 Euro

Nicht umsonst will Honda, das sein Forschungszentrum im deutschen Bielefeld hat, erst in 40 Jahren Roboter-Fußballer gegen Menschen antreten lassen. Auch mit ihrem humanoiden Roboter Asimo sind die Japaner weniger weit, als es aussehen mag. Asimo kann zwar auf der Bühne herumlaufen und Getränke präzise auf einem Tisch abstellen. "Aber in der Fußgängerzone von Bielefeld würde er vermutlich nicht weit kommen. Für die äußere Welt ist er noch nicht ganz geeignet", sagt Honda-Forscher Jochen Bielefeld.

Im Rahmen des Projekts "robots@home" hat die EU die Entwicklung von James mit 600.000 Euro allein für Arbeit der TU-Forscher finanziert. Weiters steuerten die ETH in Zürich und das Austrian Institute of Technology ihr Fachwissen bei. Die EU investiert jährlich 70 Millionen Euro in die Weiterentwicklung kognitiver Systeme, um der japanischen Expertise in der Hardware die Stirn bieten zu können. Kooperationen für James bahnen sich mit Nespresso an, dem eine mobile Kaffeemaschine vorschwebt, und mit Herstellern im Pflegebereich.