Tauwetter zwischen Ägypten und Iran und gemeinsame Achse gegen Israel.
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Kairo/Paris/Wien. Herzliche Brüderküsse, ein medial bis ins kleinste Detail geplanter Empfang und betont positive Gesten: Mit dem Besuch des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad bei seinem ägyptischen Kollegen Mohammed Mursi anlässlich des 12. Gipfels der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) beginnt das Ende der jahrelangen Eiszeit zwischen Kairo und Teheran.
Ahmadinejad ist der erste iranische Staatspräsident seit 1979, der ägyptischen Boden betritt. Teheran hatte die Beziehungen zu Ägypten gekappt, nachdem das Land am Nil mit dem sogenannten Camp-David-Abkommen Frieden mit Israel geschlossen und dem letzten Schah Mohammad Reza Pahlavi Asyl gewährt hatte.
Nach dem Machtwechsel in Ägypten und der Machtergreifung durch die Muslimbruderschaft hat sich das jahrzehntelang angespannte Verhältnis aber leicht verbessert. Mursis Teheran-Besuch im vergangenen August war genutzt worden, um sich bilateral zumindest ein wenig näher zu kommen. Für "echte Freundschaft und Bruderschaft" zwischen beiden Ländern, wie sie Ahmadinejad und Mursi am Dienstag betonten, hatte es im Sommer aber noch nicht gereicht. Spätestens nach der Rede Mursis wurde damals klar, dass die Standpunkte der Ägypter in puncto Syrien - Mursi unterstützt die Rebellen, der Iran hält Präsident Assad weiterhin die Stange - mit jenen Teherans sehr weit auseinandergehen.
Diesmal wollte man es besser machen. Konkret geht es um die Wiedereröffnung von diplomatischen Vertretungen in Kairo und Teheran, rege Wirtschaftsbeziehungen und eine gemeinsame Außenpolitik - vor allem gegen Israel und dessen Siedlungspolitik - sowie um die Wiedereinführung von Direktflügen zwischen Teheran und Kairo. Natürlich bleibt Syrien ein Streitthema.
Für Mursi ist diese neue Achse Teheran-Kairo auch insofern ein Spagat, weil er mit einer zu schnellen Annäherung an Teheran den Westen und vor allem die USA nicht vor den Kopf stoßen will. Schließlich braucht er angesichts der Wirtschaftsmisere US-Finanzhilfen mehr denn je. Dennoch ließ Kairo wissen, dass es eine eigenständige Politik verfolgen werde - dazu gehört, dass "Ägypten das Recht des Iran auf die friedliche Nutzung der Nukleartechnologie voll unterstützt", und auch die Aussage, dass der Friedensvertrag mit Israel "nicht in Stein gemeißelt ist", war ein Signal in die Richtung.