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Kaiserwiesenblues

Von Isabella Lechner

Politik
Seit Montag kann man auf der Kaiserwiese nach der Sanierung wieder in der Sonne liegen.
© Lechner

Bei einer Bürgerversammlung zur Nutzung der Kaiserwiese prallten einmal mehr die Interessen aufeinander.


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Wien. Anrainer und Bürgerinitiative "Kaiserwiese Für Alle!" fürchten um den Erholungswert der Wiese durch zu viele und zu lange Veranstaltungen. Wirtschaftsvertreter und Praterunternehmer verteidigen diese. Nach dem Beschluss einer bezirksinternen Arbeitsgruppe sollen die Veranstaltungen künftig auf 60 Tage pro Jahr reduziert werden, inklusive Auf- und Abbau, so der Leopoldstädter Bezirksvorsteher Karlheinz Hora (SPÖ). Dem Großteil der Anrainer ist das zu wenig. Die Bürgerinitiative, die am Freitag 3200 Protestunterschriften im Petitionsausschuss einbrachte, fordert eine Reduktion auf 30 Veranstaltungstage. "Der Vorschlag des Bezirks ist nicht realistisch", so Eva Müller, Sprecherin der Initiative. "60 Tage gehen sich schon allein wegen der Wiener Wiesn nicht aus."

Derzeit wird die Wiese vor dem Riesenrad sieben bis acht Mal pro Jahr für Veranstaltungen genutzt. Das "Wiener Wiesn"-Fest und die monatelange Dinner-Show "Palazzo" sind dabei die größten Steine des Anstoßes. "Wir sind nicht generell gegen Veranstaltungen, aber nach der ,Wiesn‘ im Herbst hat sich die Lage zugespitzt", so Eric Kläring von der Bürgerinitiative (die "Wiener Zeitung" berichtete). "Die Kaiserwiese war über Monate ein meterhoch eingezäuntes Schlammfeld und bis vor kurzem öffentlich nicht nutzbar."

Bei der Bürgerversammlung am Montag beschwerten sich Anrainer zudem wiederholt über Lärmbelästigung während des Wiesn-Festes. "Drei Wochen lang scheppert es im Gemeindebau", so eine Anrainerin. "Bitte lassen Sie die Kaiserwiese eine Wiese sein", meldete sich ein 80-jähriger Leopoldstädter zu Wort. "Ich bin froh, dass ich nicht weit in die Natur habe. Wozu so viele Veranstaltungen hier?" Ein Anrainer aus der Rustenschacher Allee sieht das Geld im Vordergrund: "Die Kaiserwiese war Allgemeingut - jetzt wird Profit daraus gezogen, weg vom Nutzen für die Allgemeinheit." "Die Leute haben eine große Wut", meint ein AHS-Lehrer. "Es gibt kaum eine Wiese, wenn die Wiesn da ist. Den Rasen so zu zerstören, ist nicht notwendig." "Wenn man schon Veranstaltungen macht, dann solche, die die Wiese überlebt, und nicht solche, bei denen man danach einen Schotterrasen auftragen muss", so ein weiterer Anrainer.

Ein junger Mann aus dem Stuwerviertel hingegen versteht die Aufregung nicht: "Ich bin erstaunt, dass so viele Menschen genau neben einem Verkehrsknotenpunkt liegen wollen. Warum auf die Kaiserwiese einzementieren, wenn ich so viele Grünflächen, wie die Jesuitenwiese oder das Heustadlwasser, habe, die ich das ganze Jahr nutzen kann?" Ein anderer Bürger hält die Reduzierung der Veranstaltungstage für einen guten Kompromiss, denn: "Es ist gut, dass Menschen, die das wollen, auch hingehen können."

Bezirksvorsteher will Dinnerzelt Palazzo nicht mehr

Viele Bürger kritisieren, dass die Hauptallee während der Veranstaltungen immer wieder durch Container oder parkende Lkw blockiert ist. Bezirksvorsteher Hora will deshalb Zulieferverkehr und Abstellflächen einschränken. Generell habe der Bezirk nur Einfluss auf den Verkehr und könne demnach "nur die Zufahrt zur Kaiserwiese beschränken". Hora sprach sich jedoch bei der Bürgerversammlung dezidiert für "prateraffine" Veranstaltungen auf der Wiese aus. Das Dinnerzelt "Palazzo" zum Beispiel möchte er dort nicht mehr haben: "Das hat nichts mit dem Prater zu tun und kann auch anderswo stehen."

Der ehemalige Tourismusvertreter der Wiener Wirtschaftskammer, Josef Bitzinger, verteidigte die Veranstaltungen: "1,1 Millionen Menschen besuchten vergangenes Jahr die Events auf der Kaiserwiese. Es ist klar, dass man genau auf die Rahmenbedingungen schauen muss, aber was hier als ,fieser Profit‘ bezeichnet wird, sind Steuerleistungen, Krankenkassengelder und Arbeitsplätze." Das auf der verkehrstechnisch sehr günstig gelegenen Kaiserwiese "nichts sein sollte und sein darf," könne er nicht nachvollziehen. Die Prater Wien GmbH, die als Unternehmen der Stadt Wien für die Verpachtung der Kaiserwiese zuständig ist, werde die Entscheidungen des Bezirks akzeptieren, sagte Geschäftsführer Michael Prohaska im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Wenn der Bezirk 60 Tage will, dann richten wir uns danach." "Wir müssen mit den Veranstaltern ein Konzept ausarbeiten, wie wir Ab- und Aufbauzeiten verkürzen können, und werden uns auch das Thema Lärmbelästigung anschauen. Es ist nicht opportun, dass die Leute nicht schlafen können." Er betont aber gleichzeitig, dass man als Prater Wien GmbH auch den Interessen der mehr als eine Million Besucher der Kaiserwiesen-Veranstaltungen Rechnung tragen müsse.

Der Plan des Bezirks, die Veranstaltungstage auf 60 im Jahr zu reduzieren, wurde mit Zustimmung von SPÖ, ÖVP und FPÖ beschlossen. Kommende Woche wird der Beschluss im Umweltausschuss diskutiert, Ende Juni soll er von der Bezirksvertretung beschlossen und an die Landesregierung weitergeleitet werden.

Entscheidung noch heuer ist fraglich

Noch ist also nichts fix. Ob heuer eine endgültige Entscheidung über die künftige Nutzung der Kaiserwiese getroffen werden wird, ist fraglich. Die Leopoldstädter Grünen, die die Bürgerversammlung erwirkten, sind mit dem Vorschlag des Bezirks jedenfalls nicht zufrieden: "60 Tage können schnell neun Monate werden, wenn man sich, so wie nach der Wiesn, auf das schlechte Wetter bezieht, das Auf- und Abbau sowie die Sanierung behindert", sagte Bezirksrätin Uschi Lichtenegger.