Zum Hauptinhalt springen

"Kalifornien" verhindern

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Noch muss sich der Stromkunde nicht vor "kalifornischen Verhältnissen" und Engpässen fürchten. Doch die Liberalisierung am Elektrizitätsmarkt bringt die Energieversorger unter starken Kostendruck. Einst obligate Investitionen werden jetzt nicht mehr getätigt. Für den Verbund ist klar, dass der Stromhandel keine adäquate Lösung sein kann. Zur Risikominimierung fordert Wiener-Stadtwerke-Chef Karl Skyba eine europaweite Koordinationsbehörde für die Energiewirtschaft.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"Der freie Markt alleine kann die Versorgungssicherheit im Strombereich nicht gewährleisten." Was Karl Skyba im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erläutert, bestätigen die Vertreter der heimischen Energieunternehmen.

Herbert Schröfelbauer, Vorstand der Verbund-Tochter Austrian Hydro Power (AHP), sieht die Sicherheit der Stromversorgung zur Zeit keinesfalls gefährdet. Aber in einigen Jahren, wenn einerseits der Energieverbrauch ansteigt und andererseits keine neuen Investitionen getätigt werden, könnte es durchaus zu Engpässen kommen. Damit Europa nicht unversehens in kalifornische Zustände hineinschlittert, seien Schritte abseits der Liberalisierung notwendig. "Wenn die Signale nur vom Markt kommen und sich alle darauf verlassen, ist es irgendwann zu spät." Für Schröfelbauer ist es unbedingt notwendig, dass dem Stromhandel auch eine ausreichende Produktion gegenübersteht. Auch wenn es noch so verlockend ist, sich mit billigen Stromimporten einzudecken.

In Wien geht man daran nach und nach die Investitonen herunterzuschrauben. In den kommenden Jahren müssen hunderte Millionen Euro eingespart werden. Eine neue Anlage wie das Kraftwerk Donaustadt kann in absehbarer Zeit nicht mehr entstehen, bekräftigt Wienstrom-Direktor Friedrich Pink. Auch bei der obligaten Wartung der Anlagen werde man sich in Zukunft eher Zeit lassen. Die Auswirkungen solcher verzögerter Instandhaltungsarbeiten - eine Folge des Zwanges beim Netz die Tarife zu senken - seien in ihrer Tragweite noch gar nicht abschätzbar. Ebenso verhalte es sich mit den "wahren Kosten der Liberalisierung", bemerkt der Stadtwerke-Chef.

Er verweist auf die EU-Kommission, die gerade ein Arbeitsteam mit dem Thema Versorgungssicherheit beschäftigt. Dass dieses Problem erstmals behandelt wird, ist für ihn ein Indiz für das bestehende Risiko. "Die Reserven der Energieproduzenten werden verbraucht, neue aber nicht mehr aufgebaut." War früher jeder lokale Stromversorger angehalten die Versorgung zu garantieren, so diktiere jetzt der Markt. "Und die Politiker haben jegliche Verantwortung an diesen abgegeben." Die Ursache der kalifornischen Stromkrise war, dass es keine übergeordnete Regulierung gegeben habe. Skyba fordert deshalb eine europaweite Behörde, welche die Energiewirtschaft koordiniert: "Denn nur ein gezieltes Abstimmen von Erzeugung, Übertragung und Vertrieb kann die Versorgung auf Dauer absichern."