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Ein Hauch von Kaltem Krieg weht durch die Schlagzeilen der vergangenen Tage: Russland versetzt seine Streitkräfte in Alarmbereitschaft, die Luftwaffe patrouilliert in Gefechtsmodus an der Grenze zum Westen. Der Generalsekretär der Nato warnt im Gegenzug Moskau vor einer weiteren Eskalation der Lage auf der Halbinsel Krim. Das Kommunikationsmittel seiner Wahl ist dabei nicht das Rote Telefon, das als Folge der Kubakrise 1962 als ständige Kommunikationsverbindung zwischen Moskau und Washington eingerichtet wurde, sondern der Internet-Kurznachrichtendienst Twitter. Woraufhin das russische Außenministerium deklamiert, das westliche Militärbündnis sende ein "falsches Signal" allein schon dadurch, dass es sich mit den Vorgängen in der Ukraine beschäftige. Als Antwort bekräftigt die Nato - quasi als Zeichen des guten Willens - das Offensichtliche, nämlich dass sie keine Absichten eines bewaffneten Eingreifens im Pufferstaat hegt.
Man sollte sich von diesem überinszenierten Gemächtvergleich nicht täuschen lassen. Natürlich ist eine ernsthafte militärische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Nato um die Ukraine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Dafür steht für beide Seiten vor allem wirtschaftlich, aber auch politisch viel zu viel auf dem Spiel.
Abseits der nachbarschaftlichen Probleme sind Russland und die Nato nach wie vor strategische Partner. Und sie werden dies bleiben, solange die Vorteile für beide überwiegen.
Konfrontationen der Art, wie wir sie gerade wegen der Ukraine (oder Syrien) erleben, gibt es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und wird es weiter geben, bis die Staaten in dieser Region endlich einen festen Platz in der europäischen Sicherheitsarchitektur gefunden haben. Das wird mit Blick auf Weißrussland, Moldawien/Transnistrien und den Kaukasus noch Jahrzehnte dauern.
Wie diese neue Sicherheitsarchitektur aussieht, wird von Fall zu Fall mit Moskau zu erstreiten sein, darüber muss man sich keinen Illusionen hingeben. Keine Großmacht - und schon gar nicht eine ehemalige Supermacht - verzichtet freiwillig auf Einflusssphäre. Mit Weltanschauungen hat das nichts zu tun.
Hoffentlich ist die Europäische Union das nächste Mal, wenn es etwa um Weißrussland geht, besser auf diese Auseinandersetzung vorbereitet.