Auf den innenpolitischen Seiten der Medien findet die KPÖ schon lange nicht mehr statt - es sei denn, die traditionsreiche Partei streitet wieder einmal über die eigene Führung oder den Umgang mit dem Stalinismus, was jedoch manchmal nur schwer zu trennen ist. Nur in Graz macht die Partei mit erfolgreicher Politik von sich reden: Wohnbaustadtrat Ernest Kaltenegger gelingt hier ein interessantes Experiment, das die KPÖ im Herbst sogar in den Landtag hieven könnte.
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Ob er trotz oder wegen seiner Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei gewählt wurde, kann oder will Kaltenegger nicht so eindeutig beantworten. "Ich hoffe doch sowohl als auch", meint er mit einem Lächeln. Dabei sprechen die Wahlergebnisse der vergangenen Jahre eine andere Sprache: Die Partei ist längst überall marginalisiert. Nur nicht in Graz, und das ist zum überwiegenden Teil Kalteneggers Verdienst. Bei den letzten Gemeinderatswahlen 2003 wurden die "Kummerln" mit 20,8 Prozent drittstärkste Kraft im Grazer Rathaus - nur ÖVP (36,1) und SPÖ (25,9) konnten mehr Stimmen auf sich vereinen. Ermöglicht wurde dieser Erfolg - wie übrigens auch jener der ÖVP, die 2003 erstmals stärkste Partei wurde - vom Niedergang der SPÖ, die bis in die 70er Jahre hinein die Stadt mit absoluter Mehrheit regierte.
Sein Erfolgsgeheimnis ist so einfach wie einleuchtend: Persönlich glaubwürdig und integer widmet er alle Energie einem Thema, dem Wohnbau. Seit 1998 ist Kaltenegger nun bereits Wohnbaustadtrat und Herr über 4.200 stadteigene Wohnungen. Als er sein Amt angetreten hatte, waren 900 ohne eigenes Bad und WC - heute hat sich diese Zahl auf 350 reduziert. Angesichts knapper Budgets keine schlechte Leistung.
Auf Kaltenegger ruhen auch sämtliche Hoffnungen seiner Partei für die Landtagswahlen im Herbst. Schon die Hälfte seiner 22.425 Stimmen würden in Graz für den Gewinn eines Grundmandats ausreichen. Ob er selbst kandidiert, soll im März entschieden werden. Daran jedoch, wie er von der "ersten realen Chance seit 30 Jahren auf ein Landtagsmandat" spricht, lässt sich unschwer erraten, dass er antreten wird - und sei es nur auf einem hinteren Listenplatz. Ohne ihr Zugpferd würde die KPÖ den Sprung wohl auch kaum schaffen.
Anlässlich des heurigen Jubiläumsjahres sieht er für seine Partei keinen zusätzlichen Bedarf an Selbstanalyse. Zwar gebe es in der Vergangenheit der KPÖ durchaus Momente, die "keine Ruhmesblätter" gewesen seien, "im Wesentlichen kann man jedoch mit unserer Geschichte leben" - und verweist dabei vor allem auf die Rolle im NS-Widerstand. "Lieber nicht kommentieren" will er die gegenwärtige Führungsriege der KPÖ rund um Parteichef Walter Baier.