Man kennt ihn aus der Luftfahrt: den "Point of no return". Damit ist jene Markierung gemeint, ab der ein Flugzeug den Startvorgang nicht mehr abbrechen kann. Jener Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. | Diesen gibt es auch beim Verkauf des deutschen Autoherstellers Opel. Hier sind seit Ende Mai die Weichen auf den Einstieg des vom austrokanadischen Zulieferkonzern Magna angeführten Konsortiums - in dem die russische Sberbank und Autobauer GAZ eine wichtige Rolle spielen - gestellt.
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Erstaunlich, welche Spiele der mittlerweile von der US-Regierung gelenkte Ex-Opel-Eigentümer General Motors (GM) mit der deutschen Regierung und den vier beteiligten Ländern treiben kann. Zunächst hatten die Amerikaner die Deutschen bei einem Gipfel im Kanzleramt auflaufen lassen. Nach elfstündigem Verhandlungsmarathon mussten Kanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und sein Finanzkollege Peer Steinbrück ohne Ergebnis vor die Presse treten.
Erst zwei Tage später konnte mühsam ein Kompromiss gefunden werden: Die Verhandlungen sollten mit dem Magna-Konsortium geführt werden. Unterschrieben wurde zwar nur eine unverbindliche Absichtserklärung. Der Deal schien aber klar: Die Deutschen steuern das nötige Geld bei und dürfen im Gegenzug entscheiden, wer den Zuschlag für Opel erhält. So stellte sich das jedenfalls - zumal vor der Wahl im Herbst - Berlin vor.
Doch genau dabei spielten die Amerikaner nicht mit: Zunächst lancierten sie geschickt, dass mit den rivalisierenden Anbietern - der zum US-Investor Ripplewood gehörenden RHJ International und dem chinesischen Autobauer BAIC - aussichtsreiche Parallelverhandlungen geführt werden. Und auch jetzt noch richtet GM-Verhandler John Smith aus, dass er RHJ bevorzugen würde. Angeblich stoßen sich die Amerikaner daran, dass sich die russischen Firmen im Magna-Konsortium Opel-Patente aneignen könnten.
Für die Deutschen ist diese Fortsetzung des Kalten Krieges auf Wirtschaftsterrain eine glatte Provokation: Rückt das Geld heraus, aber die Entscheidung, an wen Opel verkauft wird, treffen wir, suggeriert GM. Das stimmt formal. Alleine könnte RHJ den Deal aber nicht stemmen - der Investor hat im abgelaufenen Geschäftsjahr eine Milliarde Euro Verlust geschrieben.
Die versprochenen Bürgschaften in Milliardenhöhe gelten nur für Magna, stellten Länderfürsten wie Dieter Althaus (Thüringen) und Roland Koch (Hessen) bereits klar. Und nicht zuletzt sind von der deutschen Regierung bereits 1,5 Milliarden Euro geflossen - nur so kann Opel trotz GM-Insolvenz weiterexistieren. Diese Mittel werden jetzt knapp. Wie sich das Patt zwischen Deutschen und Amerikanern lösen könnte, ist dennoch unklar. Ein GM-Boardmeeting am Montag könnte etwas mehr Klarheit bringen.