Schlussplädoyers im ersten Prozess des Sondertribunals. | Anklage fordert lebenslang für konvertierten Christen. | Phnom Penh/Wien. Tuol Sleng war ein Ort unfassbaren Grauens: In dem Foltergefängnis der Roten Khmer wurden Gefangene an Betten gefesselt, ständig geschlagen, manchen Insassen wurden die Genitalien unter Starkstrom gesetzt. Nur sieben Gefangene überlebten die Torturen, mehr als 12.000 wurden getötet. All dies geschah in Kambodscha während der Herrschaft der Roten Khmer von 1975 bis 1979. Nun, 30 Jahre danach, haben am Montag die Schlussplädoyers im Prozess gegen den damaligen Leiter des Gefängnisses, Kaing Guek Eav alias Duch, begonnen.
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Duch wird in Phnom Penh vor einem gemeinsam von der UNO und der kambodschanischen Justiz eingerichteten Sondertribunal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Der heute 67-Jährige hätte aus ideologischer Überzeugung gehandelt, sagte der Anwalt Karim Khan, der rund 90 Angehörige von Opfern vertritt, die als Nebenkläger auftreten. Gleichzeitig hätte sich Duch von seinem Handeln persönliche Vorteile erwartet, betonte der Anwalt. Die Anklage hat für Duch lebenslange Haft gefordert.
Duch gesteht Schuld
Das Schlussplädoyer von Duchs Anwälten steht noch aus, doch wurde in dem Prozess bereits die Verteidigungslinie klar: Duch gestand seine Schuld ein, will aber bis auf zwei Fälle nie persönlich an den Folterungen beteiligt gewesen sein und auch niemanden getötet haben. Er habe nur Befehle ausgeführt, um sein Leben und das seiner Familie zu retten, sagte Duch.
Zudem gibt sich der mittlerweile zum Christentum Konvertierte reuig und hat seine Opfer um Vergebung gebeten. Viele Kambodschaner nehmen dies aber dem Ex-Leiter des Foltergefängnisses nicht ab. Duch wird immer wieder ein großer Mangel an Empathie bescheinigt und ehemalige Insassen und Wachen von Tuol Sleng beschrieben den früheren Mathematiklehrer als kühlen Vollstrecker.
Den Folteropfern in Tuol Sleng wurde meistens Spionage vorgeworfen. Die vom "Bruder Nummer eins" Pol Pot angeführten Roten Khmer waren ein paranoides Regime, das in jedem Bürger einen potentiellen Saboteur sah. Sie zogen in den 70er Jahren eine Schreckensherrschaft auf. Kambodscha sollte in einen reinen Agrarstaat verwandelt werden. Städte wurden entvölkert, die Menschen mussten eine schwarze Einheitskleidung tragen und Fronarbeit am Land verrichten. Intellektuelle galten als Feinde, das Tragen einer Brille kam einem Todesurteil gleich. Fast zwei Millionen Menschen, und damit ein Drittel der Bevölkerung, fielen der Herrschaft der Roten Khmer zum Opfer.
Das aus internationalen und kambodschanischen Juristen zusammengesetzte Tribunal soll nun zur Aufklärung der damaligen Verbrechen beitragen. Es müssen sich aber nur die allerhöchsten Ränge der Roten Khmer verantworten. Neben Duch werden noch vier weitere Kader angeklagt, etwa Ex-Außenminister Ieng Sary oder Ex-Staatschef Khieu Samphan. Der Führer der Steinzeitkommunisten, Pol Pot, ist schon 1998 gestorben.