Die ÖVP betont in ihren neuen Sujets ausgerechnet jene Themen, die sie von den Grünen trennen.
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Der Kanzler als Garant für Stabilität: So will die ÖVP ihren Parteichef Karl Nehammer in der nun anlaufenden Frühjahrskampagne präsentieren. "Der Kanzler arbeitet für Österreich. Die Opposition streitet", ist auf einem der am Montag präsentierten Sujets zu lesen, wohl als Anspielung auf die parteiinternen Querelen der SPÖ rund um die holprige Mitgliederbefragung. "Wir betrachten dieses Schauspiel mit ein wenig Ratlosigkeit", sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker bei der Präsentation. Doch der Kanzler beteilige sich nicht am Schlechtreden der Mitbewerber, sondern kümmere sich um die Anliegen der Österreicher.
Welche Anliegen es sind, an denen der Kanzler arbeiten will, geht aus den weiteren Sujets hervor, die bisher auf Social Media verbreitet wurden und nun auch plakatiert werden sollen. "Klimaschutz durch Fortschritt statt Untergangsszenarien" heißt es etwa, was für die ÖVP laut den Ausführungen Stockers vor allem Energieoffenheit und ein Ja zum Verbrennungsmotor bedeutet. "Eigentum muss möglich sein", ist auf einem anderen Plakat zu lesen, hier gehe es darum, das erste Eigenheim von Steuern und Abgaben zu befreien sowie die Wohnbauförderung zweckzuwidmen.
Außerdem will die ÖVP ein Schulfach für Programmieren, 800 neue Kassenärzte sowie eine Berufspflicht für Medizinabsolventen und die Kürzung der Sozialleistungen für jene, die sich kürzer als fünf Jahre rechtmäßig in Österreich aufhalten, forcieren. Auch zum Veto gegen die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengenraum gibt es ein erneutes Bekenntnis, "Europa der Zukunft mit sicheren Grenzen" lautet der entsprechende Slogan.
Themen bereits aus Kanzlerrede bekannt
Neu sind diese Themen nicht, betonte sie Nehammer bereits in seiner "Rede zur Zukunft der Nation" vor knapp einem Monat. Auffällig ist dennoch, dass die ÖVP - eineinhalb Jahre vor dem regulären Wahltermin - vor allem dort ihre Schwerpunkte setzt, wo es die größten innerkoalitionären Auffassungsunterschiede gibt, die zuletzt auch zu öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten geführt hatten.
Kurz nach Nehammers Rede im März hatte sich Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bereits gegen eine Kürzung der Sozialleistungen ausgesprochen, ebenso wie gegen eine Berufspflicht für Medizin-Studierende. Letztere würde nach Einschätzung der Grünen keine Probleme lösen, denn "nur wenn Menschen ihren Beruf freiwillig und mit Freude ergreifen, werden sie ihn auch langfristig ausüben", meinte Rauch dazu im März.
Rauch befürwortet auch eine Aufnahme Rumäniens in den Schengenraum, wie er vergangenen Monat bekräftigte; dabei verwies er vor allem auf die Rolle von Rumäninnen und Rumänen in der 24-Stunden-Betreuung pflegebedürftiger Österreicher.
Das Ende der Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim machte die ÖVP zwischenzeitlich gar zur Bedingung für die von den Grünen angepeilte Mietpreisbremse - am Ende scheiterten beide Vorhaben am Widerstand des jeweils anderen. Während einer Nationalratsitzung vergangene Woche warf die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli der Volkspartei vor, "eine Politik für die Wenigen und nicht für die Vielen" zu machen.
ÖVP betont Wahltermin im Herbst 2024
Und dafür, dass ÖVP und Grüne beim Thema Klimaschutz nur schwer einen gemeinsamen Nenner finden, sprachen nicht nur die Reaktionen des Koalitionspartners auf Nehammers Äußerung, es gebe "keinen wissenschaftlichen Beweis" für eine drohende "Untergangsapokalypse". Deutlich macht das auch die Tatsache, dass sich die Koalition bis heute auf kein Klimaschutzgesetz einigen konnte.
Als Absage an die Koalition will die ÖVP ihre Kampagne dennoch nicht verstehen, auch handle es sich nicht um den Auftakt eines vorgezogenen Wahlkampfs. Man werde - wie vorgesehen - im Herbst 2024 wählen, betonte Stocker. Es gehe bei der Frühjahrskampagne darum, sich zu positionieren, den Wählern zu vermitteln, wofür die ÖVP steht. Dabei blicke man über das Ende der Legislaturperiode hinaus, immerhin arbeite die ÖVP gleichzeitig mit Funktionären und Experten an ihrem "Zukunftsplan" für Österreich bis 2030.
Mit welchem Partner man diese Forderungen umsetzen werde, würden die Wähler entscheiden, meinte Stocker. Ob das eine oder andere Vorhaben auch mit den Grünen verwirklicht werden könne, wisse er nicht, "aber ein Verbrennungsmotor der CO2-frei ist - da wüsste ich nicht, wo da ein Widerspruch zu den Grünen besteht." Der grüne Parlamentsklub wollte sich auf Nachfrage nicht zu der ÖVP-Kampagne äußern.
Dass ÖVP und Grüne ihre Zusammenarbeit nach der kommenden Wahl fortsetzen können, ist aber ohnehin unwahrscheinlich. Umfragen der letzten Monate sahen die beiden Parteien zusammen bei etwas über 30 Prozent.