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Kampf dem Leichtsinn

Von Karl Leban

Wirtschaft

Einzelne Banken lockern ihre Vergabepraxis bei Wohnbaukrediten, die FMA droht mit Sanktionen.


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Wien. Dass Immobilienkredite in den USA einst viel zu leichtfertig vergeben wurden, war der Grund für eine riesige Blase. Deren Platzen brockte der Welt ab 2008 die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren ein. Im Zuge der Krise wurden etliche Kredite notleidend, womit auch österreichische Banken plötzlich - vor allem wegen Osteuropa - mit akutem Kapitalbedarf konfrontiert waren und einige sogar Staatshilfe benötigten. Vor diesem Hintergrund wirft die Finanzmarktaufsicht (FMA) nunmehr ein strenges Auge darauf, dass die Geldinstitute bei der Kreditvergabe nicht zu leichtsinnig werden.

Zuletzt jedoch hat die Behörde bei Wohnbaukrediten Entwicklungen festgestellt, die "uns mit Sorge erfüllen", wie ihre Chefs, Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller, am Mittwochabend vor Journalisten sagten. Beunruhigt ist die FMA wegen überlanger Laufzeiten von bis zu 40 Jahren (im Regelfall sollten es höchstens 30 sein), wegen Rückzahlungen bis ins hohe Alter von 80 Jahren, wegen eines geringeren Eigenmittelanteils, der zunehmend unter der Mindestmarke von 20 Prozent liegt, aber auch wegen problematischer Anreize für Kreditkunden - etwa, dass die ersten fünf Jahre tilgungsfrei sind und es nur eine kurze niedrige Fixzinsphase am Anfang gibt.

Höhere Risiken

"Wir beobachten, dass sich das in den vergangenen 24 Monaten aufgebaut hat", so Ettl. Für die Banken, aber auch für die Kreditnehmer hätten sich die Risiken damit erhöht (siehe die Beispiele in unten stehender Grafik). Deshalb will die FMA jetzt eingreifen. Betroffen seien einzelne Banken, deren Namen Ettl nicht nennen will. Mit ihnen werde man bis Jahresende einen "kritischen Dialog" führen. Ettl berichtete, dass manche Banken bei den Laufzeiten besonders aggressiv seien, während andere von ihren Kreditkunden zu wenig Eigenmitteleinsatz verlangten.

"Wir versuchen, das Ausbreiten dieser Praxis auf jeden Fall einzudämmen, bevor es gängige Praxis wird", sagte er weiter. Zu einem systemischen Risiko für den hiesigen Bankensektor - wie in der Vergangenheit durch die hochspekulativen Schweizer-Franken-Kredite - soll es bei den klassischen Wohnbaukrediten somit gar nicht erst kommen.

Verbote oder Vorschriften für Einzelmaßnahmen in den Kreditverträgen will die FMA zwar nicht aussprechen. Sollte eine Bank jedoch auf ihren - behördlich beanstandeten - Vergabepraktiken beharren, muss sie damit rechnen, von der Aufsicht einen Risikoaufschlag auf die Eigenkapitalquote aufgebrummt zu bekommen. Dies könnten dann bis zu 0,7 Prozentpunkte sein, sagte Ettl. Er hofft, dass schon allein die Drohung eine Verhaltensänderung bewirkt.

Scharfer Wettbewerb

Die Nachfrage von privaten Haushalten nach Immobilien-Finanzierungen war zuletzt aufgrund des Konjunkturaufschwungs und der niedrigen Zinsen recht hoch. 2017 fiel das Wachstum bei Wohnbaukrediten mit 4,5 Prozent um die Hälfte stärker aus als das Kreditwachstum insgesamt. Unter den Banken herrscht jedenfalls scharfer Wettbewerb. Dies scheint auch der Hauptgrund zu sein, warum einzelne Institute nachhaltige Kreditvergabestandards teilweise aufweichen. Indes betont die FMA vor allem, dass die Leistbarkeit eines Kredits im Vordergrund stehen müsse. "Gute Besicherung allein darf kein Vergabekriterium sein." Empfohlen wird den Banken auch, Fixzinskredite zu verkaufen.