Beschluss des EU-Parlamentes. | Sicherheitscode und Siegel gegen boomenden Schwarzhandel. | Die Einführung dauert noch bis 2016. | Brüssel. Der illegale Handel mit gefälschten Medikamenten hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Jetzt will ihm die EU einen Riegel vorschieben. Mit Sicherheitscodes und fälschungssicheren Siegeln sollen die Arzneien rückverfolgbar und eindeutig als echt identifizierbar werden.
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Den beliebten Verkauf über das Internet soll ein Gütesiegel für Online-Apotheken zumindest einschränken. Das hat das EU-Parlament am Mittwoch mit einer überwältigenden Mehrheit beschlossen.
Die neue EU-Richtlinie wurde bereits vorab mit den Mitgliedstaaten akkordiert und muss von diesen nur noch formell abgesegnet werden. Die EU-Länder müssen alle vereinbarten Maßnahmen bis spätestens Frühjahr 2016 umsetzen. Vor allem die Entwicklung und Einführung der fälschungssicheren Siegel dauere wegen des technischen Aufwandes länger, hieß es.
Denkbar seien etwa Folien mit Hologrammen, wie sie heute von Scheckkarten bekannt sind. Die Sicherheitsmerkmale könnten in Form von Bar- oder Nummerncodes, angebracht werden, welcher nur der Apotheker auslesen kann.
Die Kosten für die Umstellung werden EU-weit auf satte zehn Milliarden Euro geschätzt. Ohne die strengeren Vorschriften liege der Schaden auch wegen der negativen Auswirkungen für die öffentliche Gesundheit jedoch bei "bis zu 116 Milliarden Euro", meinte der ÖVP-Europaabgeordnete Richard Seeber. Für ertappte Hersteller, Zwischenhändler und Verkäufer von gefälschten Medikamenten soll es harte Strafen geben, die allerdings die Mitgliedsländer selber noch festlegen müssen.
EU-Gesundheitskommissar John Dalli begrüßte das Abstimmungsergebnis. Es sei ein wichtiger Schritt zum Schutz der Bevölkerung vor den gefälschten Arzneien, die niemals einer Autorisierungsprozedur unterzogen und somit auch nicht auf ihre Qualität, Sicherheit und Effektivität geprüft worden seien. Von harmlosem Zucker bis zur giftigen Industriechemikalie kann alles enthalten sein. Auch Todesfälle sollen schon dadurch verursacht worden sein.
Von Viagra bis zum Krebsmedikament
Und der Umsatz ist enorm: 32 Millionen gefälschte Medikamente beschlagnahmten die Behörden in der EU laut Kommission im Jahr 2008 und damit doppelt so viel wie im Jahr davor. In den letzten beiden Jahren seien es allein 200.000 Packungen in Österreich gewesen, meinte die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach. Wie viele der gefährlichen Produkte tatsächlich im Umlauf sind, ist nicht bekannt.
Besonders beliebt bei den Fälschern sind nach Kommissionsangaben Potenzmittel wie Viagra, Diätpillen, Antibiotika, Psychopharmaka und teure Medikamente gegen Krebs und Bluthochdruck. Die meisten Fälschungen kommen aus dem Fernen Osten, vor allem aus China.