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Kampf gegen Moslems und Zuwanderer als Polit-Programm

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Den Haag - Mit Jörg Haider und Jean-Marie Le Pen wollte er nichts zu tun haben, der Shooting-Star der holländischen Rechten, Pim Fortuyn, der Montagabend in Hilversum neun Tage vor den Parlamentswahlen einem Attentat zum Opfer fiel. Er selbst bezeichnete sich in Eigenschilderungen als "Ästhet und Basisdemokrat, Sonntagskind und Desperado, Ethiker im Darkroom und bekennender Homo und dennoch so viel femininer als alle Frauen im Kabinett".


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Der am 19. Februar 1948 in Velsen als Sohn einer konservativen katholischen Familie geborene Pim Fortuyn, der in den Siebzigerjahren in Amsterdam Soziologie studierte, war politisch ungeheuer wandlungsfähig. In seiner Autobiographie "Babyboomers" erzählt er, dass er ursprünglich Priester habe werden wollen. Beruflich schlug er aber dann doch die Laufbahn eines Soziologieprofessors an der Universität von Groningen ein und politisch bezeichnete er sich als Marxist, wechselte dann zu den Sozialdemokraten, deren damaligen Chef Jop van Uyl er neben Winston Churchill und Silvio Berlusconi zu seinen politischen Vorbildern zählte.

Vor etwa zehn Jahren beendete er seine Universitätskarriere und wurde Kolumnist bei der Zeitschrift "Elsevier". Nebenbei verfasste er mehrere Bücher, die zu Bestsellern wurden, u.a. 1997 "Gegen die Islamisierung unserer Kultur". Von islamischen Geistlichen in Holland wegen seiner Homosexualität mit einem Schwein verglichen, legte sich Fortuyn zunehmend mit den Moslems an, denen er vorwarf, einer "zurückgebliebenen Kultur anzuhängen.

Im August des Vorjahres stieg er in die aktive Politik ein und wurde innerhalb von wenigen Wochen Chef der Partei "Leefbaar Nederland". Der Kampf gegen Moslems und Einwanderer - "Die Niederlande sind voll" sollte einer seiner Slogans werden - , Kampfansagen gegen Bürokratie und Kleinkriminalität brachten ihm zunehmende Popularität. Im Februar überwarf er sich mit seiner Partei und kandidierte bei den Kommunalwahlen im März in Rotterdam mit einer eigenen Namensliste, mit der er auf Anhieb 17 von 45 Ratssitzen errang und die seit dem Kriegsende regierenden Sozialdemokraten entthronte.

Fortuyn, dessen Markenzeichen sein glattrasierter Kopf und teure Maßanzüge waren, der sich in einem Daimler kutschieren ließ und die bei niederländischen Politikern vorherrschende Bescheidenheit völlig vermissen ließ, hatte gute Chancen, auch bei den Parlamentswahlen am 15. Mai zum Hecht im Karpfenteich zu werden. Rauschgiftsüchtigen versprach er eine Überdosis, das Diskriminierungsverbot in der Verfassung wollte er aufheben, Renten bei Berufsunfähigkeit nur mehr bei Arbeitsunfällen auszahlen, Computer an Schulen verbieten, das Schengener Abkommen aufkündigen und gegen "herumlungernde Jugendliche" mit Polizeikontrollen vorgehen.