500.000 Frauen, die meisten aus Osteuropa, werden in Ländern der Europäischen Union zur Prostitution gezwungen. | Ihre Zahl steigt ständig, obwohl es auf EU-Ebene seit 2001 einen Rahmenbeschluss zur länderübergreifenden Bekämpfung des Schlepperunwesens gibt. Der zeigt nämlich kaum Wirkung: Grobe Mängel bei der Strafverfolgung und dem Opferschutz lassen die Bemühungen zur Eindämmung des organisierten Frauenhandels zumeist im Sand verlaufen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Von den durchlässigeren Grenzen in Europa profitieren in zunehmendem Maße jene Banden, die hauptsächlich junge Osteuropäerinnen mit falschen Versprechungen in den "Goldenen Westen" locken. Die Reise endet dann häufig in einem der zahllosen Bordells, wo oft unvorstellbare Arbeitsbedingungen herrschen.
Österreich ist dabei seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zu einer der Hauptdurchgangsrouten wie zu einem wichtigen Zielgebiet für die Schlepperbanden geworden. Nach Schätzungen der Polizei arbeiten hierzulande 10.000 Prostituierte illegal. Das Geschäft boomt nach letzten Berechnungen wie nie zuvor. 700 Millionen Euro werden dabei umgesetzt, nach einer Studie des Europarates sind die Profite der Zuhälter um 400 Prozent gestiegen.
Die EU versucht seit längerem, dem Problem auf Gemeinschaftsebene zu Leibe zu rücken: So hat die Kommission im Dezember 2000 einen Entwurf zur Bekämpfung des Menschenhandels vorgelegt, die EU-Innen- und Justizminister einigten sich im September 2001 auf einen entsprechenden Rahmenbeschluss. Der sieht enge rechtliche und polizeiliche Zusammenarbeit und einen einheitlichen Strafrahmen in allen EU-Ländern vor.
Opferschutz vernachlässigt
Erfolg stellte sich bisher kaum ein: Die EU-Regelung ist zwar verbindlich, überlässt die Umsetzung aber den Mitgliedsländern. Was zu sehr uneinheitlichen Maßnahmen führt. Darüber hinaus besteht der Straftatbestand Menschenhandel in vielen Ländern gar nicht.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Bekämpfung des Frauenhandels besteht darin, dass die Straftaten selten angezeigt werden. Viele Frauen, die in Europas Bordellen von der Polizei aufgegriffen werden, schweigen aus Furcht vor ihren Peinigern oder der drohenden Abschiebung. Als Reaktion darauf entstand im Rahmen des "Daphne"-Programms der EU die Aktion zu "Schutz, Beratung und Betreuung von Gewaltopfern und Opferzeuginnen bei Menschenhandel". Deutschland hat bereits ein ambitioniertes Zeuginnen-Schutzprogramm eingeführt.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat vergangene Woche in Wien einen Aktionsplan beschlossen, der in die gleiche Richtung weist: So werden die 55 Mitgliedsländer aufgefordert, den Opfern von Schlepperbanden einen leichteren Zugang zu Asylanträgen zu ermöglichen. Darüber hinaus empfiehlt die OSZE den Zielländern der Schlepper die Öffnung ihres Arbeitsmarktes, um den Mitgrantinnen Möglichkeiten für legale Beschäftigung zu geben. An die Herkunftsländer wird appelliert, vor allem jungen Frauen und Minderheiten bessere Bildungs- und Berufschancen zu eröffnen.