Arbeitsplatzprobleme statt Flüchtlingspolitik: In Oberösterreich ist der Wahlkampf ein halbes Jahr vor der Landtagswahl im Gang. Vier neue Spitzenkandidaten treten an.
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Der Auftritt im Linzer Landhaus war symptomatisch, was das Thema betrifft. Es ging um Impulse für alle, die es am Arbeitsmarkt schwerer haben. Beschäftigung und die Ankurbelung der Wirtschaft in der andauernden Corona-Krise stehen seit Monaten im Fokus der Landespolitik. Anders war diesmal freilich, dass Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (beide ÖVP) am Mittwoch gemeinsam mit SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstorfer auftraten. In der Vergangenheit hat die ÖVP Wirtschafts- und Beschäftigungsaktivitäten meist im Alleingang vorgestellt, die Soziallandesrätin dann im Nachhinein auf verstärkte Maßnahmen für sozial Schwächere gedrängt.
Oberösterreich ist das einzige Bundesland in Österreich, in dem der Landtag alle sechs Jahre neu gewählt wird. Ein halbes Jahr vor der Neuwahl ist der Wahlkampf inoffiziell längst im Gang. Nach dem Bruch der türkis-blauen Bundesregierung ist Oberösterreich zugleich mit der Koalition von ÖVP und FPÖ die verbliebene schwarz-blaue Bastion. Im Herbst 2015 haben die großen Flüchtlingsbewegungen der ÖVP einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die ÖVP musste mit Langzeitlandeshauptmann Josef Pühringer einen Absturz um zehn Prozentpunkte auf 36,4 hinnehmen und paktierte mit der FPÖ, die ihren Anteil auf 30,4 Prozent verdoppelt hat, eine schwarz-
blaue Koalition. Seither gab es in der Landespolitik einen Graben in der Flüchtlings- und Ausländerpolitik. Auf der einen Seite standen die Koalitionspartner ÖVP und FPÖ, die mit strengeren Vorschriften etwa für die Bezieher der Mindestsicherung in der Vorreiterrolle für die spätere türkis-blaue Bundesregierung im Bund waren. Auf der anderen Seite standen SPÖ und Grüne, die zwar aufgrund des Proporzsystems ebenfalls in der Landesregierung, aber im Landtag in der Minderheitenrolle sind.
Betonung der Wirtschaftspolitik
Mit Thomas Stelzer ist vor vier Jahren ein Vertrauter von Sebastian Kurz aus Zeiten der Jungen ÖVP zum Nachfolger Pühringers bestellt worden, bevor Kurz selbst wenig später auf Bundesebene an die Spitze der ÖVP gehievt wurde. Der nun 54-jährige Stelzer hat schon nach dem Hofwechsel versucht, mit striktem Budgetkurs und Betonung der Wirtschaftspolitik die Schwerpunkte neu zu gewichten. Er scheut sich auch nicht, dabei weiter von "Schwarzen" im Land zu sprechen, die zum Erfolg der Türkisen beitrügen. Anders als im Bund hat er sich in Oberösterreich für die Fortsetzung der Koalition mit der FPÖ unter Landesobmann Manfred Haimbuchner ausgesprochen, den er als "verlässlichen Partner" betrachte.
Mit den Hilfsaktionen für Unternehmen in der Corona-Krise will die ÖVP Oberösterreich als Industriestandort absichern. Gleichzeitig geht es darum, dem blauen Koalitionspartner Paroli zu bieten. Die Freiheitlichen unter Haimbuchner haben stets auf gute Beziehungen zu Wirtschafts- und Industrievertretern Wert gelegt. Der Vizelandeshauptmann ist allerdings vor Ostern durch eine Corona-Erkrankung gestoppt worden. Nach dem Absturz der FPÖ bei der Nationalratswahl 2019 und bei der Wiener Gemeinderatswahl im Oktober 2020 möchte Haimbuchner einen ähnlichen Rückfall im Frühherbst in Oberösterreich vermeiden. Der 43-Jährige ist heuer der einzige Spitzenkandidat, der nicht als Neuling ins Rennen geht. Für den ehrgeizigen Haimbuchner geht es auch um die Absicherung der innerparteilichen Position in der Bundespartei. Er ist der Gegenpol zum ganz auf Opposition getrimmten Klubobmann Herbert Kickl. Der FPÖ-Landeschef sieht sich durch den schweren Verlauf seiner Corona-Erkrankung bestätigt, das Virus ernst zu nehmen und eigenverantwortlich Schutzmaßnahmen zu treffen.
SPÖ kämpft nach Absturzauf Platz drei
Die SPÖ hat seit dem Rückfall bei der Wahl 2015 mit mageren 18,4 Prozent auf Platz drei weit hinter der FPÖ zu kämpfen. Die 57-jährige Birgit Gerstorfer ist seit 2016 an der Spitze der Landespartei und Soziallandesrätin. Die ehemalige Leiterin des Arbeitsmarktservice Oberösterreich setzt ganz auf klassische sozialdemokratische Themen und bewusst auch auf die Unterstützung durch rote Gewerkschafter. Speziell will sie als Landesrätin mit Umschulungen für mehr Pflegepersonal sorgen.
Um Beschäftigungsimpulse geht es auch Stefan Kaineder. Der 36-Jährige wird seit Monaten bei Pressekonferenzen nicht müde, stets die Möglichkeiten zur Schaffung neuer "grüner" Arbeitsplätze durch verstärkte Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen hervorzustreichen. Damit versucht er, aus den Fußstapfen Rudolf Anschobers zu treten und nach 10,3 Prozent 2015 den grünen Sitz in der Landesregierung abzusichern.
Die Neos haben 2015 mit 3,5 Prozent den Einzug in den Landtag verpasst. Gelingt er diesmal, bleiben für die bisherigen vier Landtagsparteien ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne weniger Sitze. Das will Pink diesmal mit Landessprecher und Parlamentarier Felix Eypeltauer (28) schaffen, dessen Urgroßvater Ernst Koref einst SPÖ-Bürgermeiser in Linz war.