Wien - Felicia Langer hat als israelische Anwältin 23 Jahre lang gegen die Unterdrückung von Palästinensern gekämpft, ist gegen willkürliche Verhaftungen, Misshandlungen von Gefangenen, Häuserzerstörungen, Enteignungen und Landkonfiszierungen in den besetzten Gebieten zu Felde gezogen und wurde so für viele palästinensische Familien und Intellektuelle ein Hoffnungsfunken gegen die brutale Willkür der Besatzer.
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Doch 1990, als nach zwei Jahren Intifada hunderte Palästinenser von israelischen Militärrichtern in Internierungslager gesteckt wurden und Soldaten begannen, auf Steine werfende Jugendliche zu schießen, gab sie auf. Aus Protest gegen die Politik verließ sie ihre Heimat Richtung Deutschland. Verstummt ist die von vielen Zionisten angefeindete Trägerin des Alternativen Nobel- und des Kreisky-Preises dennoch nicht. In ihren Büchern und Vorträgen erhebt sie weiter unermüdlich ihre Stimme, beschwört eine Zwei-Staaten-Lösung und pocht auf Solidarität mit der leidgeplagten Bevölkerung in den besetzten Palästinensergebieten. Am Mittwochabend sprach sie auf Einladung der Grünen in Wien zum Thema Gewalt im Nahen Osten. Dabei verurteilte sie die Liquidierungsaktionen der israelischen Armee ebenso scharf wie die Terrorattacken und Selbstmordanschläge der Palästinenser. Für letztere, so die 72-Jährige, trage Israel eine Mitverantwortung, da Zermürbung und Unterdrückung den Weg dazu geebnet habe. Bei der Wiederbesetzung der Palästinenserstädte im Frühjahr hätte die Armee nicht die Terrorinfrastruktur, dafür aber Bildungsstätten und soziale Einrichtungen zerstört. An Stelle der gescheiterten Bulldozer-Politik - "American made, American paid" - müsste den Palästinensern, unter denen immer mehr junge Menschen aus Verzweiflung zu Selbstmordanschlägen greifen, ein Tor zum Leben geöffnet werden. Und dieses hieße ein selbständiger Staat und Abbruch aller jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. "Wir (die Israelis) sind die fünftstärkste Militärmacht der Welt, aber wir haben Angst, mit dem Bus zu fahren" - für Felicia Langer Sinnbild schlechthin für eine verfehlte Zukunftsvision.