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Kampf um medizinische Leistungen

Von Ina Weber

Politik
Streit der Ärzte mit den Ländern: Zur Vorsorgeuntersuchung ins Spital oder zum Facharzt in der Umgebung? Foto: bb

Brettenthaler: Vorsorge war immer Aufgabe des niedergelassenen Bereichs. | WGKK: Müssen im Interesse der Volkswirtschaft handeln. | Wien. Die Österreichische Ärztekammer ließ am Mittwoch aufhorchen: Österreichs Fachärzte seien zunehmend bedroht. Immer mehr, vor allem technisch aufwändigere Leistungen würden in den Krankenhäusern konzentriert.


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Als Beispiel nannte Ärztekammer-Präsident Reiner Brettenthaler die Mammographie-Vorsorgeuntersuchung in Wien und Oberösterreich, die nur noch an wenigen zentralen Stellen angeboten werde oder Salzburg, wo die Gebietskrankenkasse Radiologen- und Labormedizin-Kassenstellen nicht mehr besetze. Den Fachärzten drohe die Aushungerung, sagte Brettenthaler.

Den Grund dafür sieht die Ärztekammer darin, dass die Spitäler den Krankenkassen Facharztleistungen zu Grenzwertkosten anbieten. Die Krankenkassen wiederum würden sich dadurch Honorare ersparen. "Das kommt die Kassen billiger, ist jedoch für die Patienten ein Nachteil", sagte Ärztekammer-Sprecherin Birgit Merz zur "Wiener Zeitung". Die wohnortnahe Versorgung sollte aufrechterhalten bleiben. Und der Patient sollte wählen können, zu welchem Arzt er gehen möchte.

Diese Zentralisierung des Gesundheitswesens lehnen die Ärzte ab. "Die Vorsorge war immer Aufgabe der niedergelassenen Ärzte", meinte Brettenthaler.

Ist es im Spital billiger?

Dass die ÖAK gar nicht an den volkswirtschaftlichen Nutzen, sondern nur an ihre Geldbörse denkt, meinte der Sprecher der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Jan Pazourek. Es sei völlig legitim, bei den Verhandlungen den "günstigeren Weg" zu gehen. Darüber hinaus ist Pazourek, was den Facharztabbau betrifft, völlig anderer Meinung. "Wir haben viele Bereiche aus dem Spital ausgelagert, gerade im Radiologie- und Laborbereich." Was die Mammographie-Vorsorgeuntersuchung betrifft, so habe der Patient selbstverständlich nach wie vor das Recht, statt den vorgeschlagenen drei Zentren in Wien (Hanusch-Krankenhaus, Wilhelminen-Spital und ein niedergelassener Radiologe) weiterhin zu seinem "Facharzt des Vertrauens" zu gehen. Außerdem sei das Mammographie-Screening-Projekt eine Vorgabe der Europäischen Union, flächendeckend an bestimmten Zentren gesunde Frauen zur Vorsorgeuntersuchung zu laden.

Ganz genau so sieht das das Land Oberösterreich. Das Screening-Projekt sei sinnvoll und eine zusätzliche Aktion. Die Fachärzte seien keineswegs gefährdet, so Gesundheitslandesrätin Silvia Stöger. Im Gegenteil, es herrsche Facharzt-Mangel im ländlichen Raum.

Der Bund will diesem bewusst entgegensteuern. Im Zuge des Österreichischen Gesundheits-Strukturplans sollten vor allem die ländlichen Regionen mit Fachärzten versorgt werden, meinte Christoph Hörhan, Pressesprecher von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat. Dass die Leistungen im Spital billiger wären, sieht Hörhan nicht. Aber natürlich sei ein gewisser Synergieeffekt nicht von der Hand zu weisen. Ziel der Gesundheitsreform sei eine effiziente und kostengünstige medizinische Versorgung für Österreich. Deshalb nur dort Fachärzte, wo es auch sinnvoll sei.

Für die ÖAK liegt der Verdacht nahe: Die Kassen betreiben - zum Nachteil des Patienten - "eine Politik der leeren Kassen".