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Mit der Vorstellung seines sogenannten Optionenpapiers, im dem kein einziger Eurobetrag erwähnt wird, hat Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos das Ringen um die Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) für die Zeit ab 2013 formell eröffnet. Dabei setzt er auf einen relativ sanften Umbau der Verteilung des bisher pro Jahr gut 55 Milliarden Euro schweren Förderbudgets in Richtung Ökologisierung. Künftig sollen auch die Bauern für die Klimaschutz- und Umweltziele in die Pflicht genommen werden.
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Die sogenannten Direktzahlungen, die in Österreich als Betriebsprämien bekannt sind und bisher etwa 42 Milliarden im Jahr ausmachten und als Grundeinkommensstütze für die Bauern dienen, sollen daher flexibler werden. Die Basisförderung würde geringer ausfallen als bisher. Dafür könnten sich die Landwirte durch die Erfüllung von Zusatzanforderungen bausteinweise Boni erwerben.
Dazu zählte etwa die schonende Nutzung von Ressourcen wie die Fruchtwechselwirtschaft. Sie hält den Ackerboden fruchtbarer, bringt aber kurzfristig weniger Ertrag als brachiale Monokultur. Für diesen Verlust würde der Landwirt mit einem Aufschlag auf die Basisförderung "entschädigt". Ähnliche Mechanismen könnten für die Pflege von Wald als CO2-Speicher oder die Erhaltung von Dauergrünland greifen.
Eine "gerechtere Verteilung" der Agrarförderungen zwischen den alten und den neuen EU-Ländern wird unweigerlich dazu führen, dass ab 2014 viele österreichische Bauern weniger Einkommensunterstützung aus Brüssel erhalten. Bitter wird es vor allem für Betriebe, die aufgrund der sogenannten historischen Methode bisher absurde Hektarprämien von bis zu 800 oder 900 Euro einstreifen konnten, weil sie vor der letzten Großreform 2003 intensive Stiermast betrieben hatten. Diese Berechnung der Förderhöhe, die sich an längst vergangenen Realitäten orientieren, wird so gut wie sicher gestrichen.
Besser könnten die Zeiten für die Bergbauern werden. Ihnen blieben die bisherigen Förderungen aus dem kleineren Agrartopf der "Ländlichen Entwicklung" erhalten. Zusätzlich winkt künftig ein Aufschlag für benachteiligte Gebiete auf Direktzahlungen. Gerechter sollen die Förderungen auch werden, weil die Kleinbetriebe von Brüssel gefördert, die Bezüge der Großempfänger dagegen gekappt werden sollen.
Bis auf die Kappung der Mittel für Großempfänger, die bereits oft versucht und ebenso oft ad acta gelegt wurde, könnten Ciolos Ideen zu weiten Teilen durchgehen. Die wahre Prüfung kommt aber erst auf ihn zu: Bei den Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen 2014 bis 2020 muss er seinen mit Abstand größten Budgetposten im EU-Haushalt verteidigen. Erst dann wird sich zeigen, ob die Reform eine Evolution oder ein Absturz der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik wird.
Siehe auch:Statt reformiert wird der EU-Agrartopf nur adaptiert