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Kampf ums Fernsehen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Rom - Im Wahlkampf des Vorjahres hatte Italiens Premier Silvio Berlusconi vollmundig versprochen, noch vor dem Sommer seine Interessenskonflikte wegen seiner drei Fernsehkanäle zu lösen. Bis jetzt hat er sein Versprechen nicht eingelöst und seine Regierung ist dabei, auch die Kontrolle über die drei öffentlichen TV-Kanäle zu übernehmen und musste sich jüngst eine ernste Mahnung von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi gefallen lassen, der zu breiter Meinungsvielfalt aufrief.


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Oppositionschef Francesco Rutelli forderte jetzt Berlusconi auf, einen seiner TV-Kanäle zu verkaufen, um größeren Pluralismus im Fernsehsystem zu ermöglichen. Gleichzeitig sollte einer der drei Kanäle der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt RAI privatisiert werden.

Der Vorschlag Rutellis fand im Regierungslager erwartungsgemäß wenig Gegenliebe. Der Präsident der von Berlusconi kontrollierten Mediengesellschaft Mediaset, Fedele Confalonieri meinte etwa, es sei schon schwierig genug, mit drei Kanälen konkurrenzfähig zu sein, mit zweien sei es unmöglich.

Die Debatte über die Zukunft des Fernsehsystems ist in Italien besonders aktuell, da am Wochenende das Mandat des RAI-Präsidenten Roberto Zaccaria abläuft. Die Wahl müssen die beiden Parlamentspräsidenten Pier Ferdinando Casini und Marcello Pera treffen, die beide dem Berlusconi-Block angehören. Die Opposition befürchtet, dass Berlusconi den Aufsichtsrat mit treuen Gefolgsleuten besetzen will. Er hätte damit nicht nur die Kontrolle über die drei größten privaten TV-Kanäle seiner Gesellschaft Mediaset, sondern auch über die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt.

Die Opposition beansprucht, dass zwei der fünf Sitze im RAI-Aufsichtsrat Vertretern des Mitte-Links-Blocks zugesprochen werden, die Mitte-Rechts-Koalition wehrt sich heftig dagegen.

Dabei sieht sich Berlusconi, der vergangenes Wochenende beim EU-Außenministertreffen in Caceres erwarteter Kritik der europäischen Verbündeten mit Statistiken zuvorkommen wollte, mit denen er nachzuweisen versuchte, das staatliche Fernsehen habe ihm im Vorjahr einen noch deutlicheren Wahlsieg vermasselt, auch mit Begehrlichkeiten aus dem eigenen Lager konfrontiert. Der Chef der Lega Nord, Reformminister Umberto Bossi droht ihm mit einem Alleingang bei den Kommunalwahlen am 26. Mai, sollte die Lega Nord keinen Vertreter im RAI-Aufsichtsrat erhalten.