In alten Zeiten hieß es: Glücklich das Land, das keine Kämpfer braucht. Mittlerweile haben die Probleme ein Niveau erreicht, bei dem Zweifel an der Weisheit dieser Aussage angebracht sind.
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Klagen über die österreichische Regierung sind mittlerweile so originell wie Witze über die katholische Kirche oder Beteuerungen von Währungshütern, wonach der Euro nicht gefährdet sei.
Dennoch ist zumindest die Frage berechtigt, warum die hiesige politische Elite so völlig bar jedes inneren Feuers, so gänzlich ohne politische Inspiration agiert. Woher kommt die bedrückend seltsame Kraftlosigkeit, mit der diese Koalition ihren Alltag meistert? Woher die fehlende Standfestigkeit, einmal Beschlossenes auch gegen den Widerstand anderer durchzusetzen? Warum die ständige Neigung zum allerkleinsten aller gemeinsamen Nenner?
Nun, grundsätzlich hat natürlich jedes Volk exakt die Regierung, die es verdient (wobei festzuhalten ist: Umgekehrt gilt, davon sind wohl die meisten Regierungen überzeugt, das nicht zwangsläufig). Diese apodiktische Behauptung sagt allerdings noch nichts darüber aus, wie genau wir Bürger zu unserer hochmögenden Exekutive kommen. Oder besser gesagt: Wie die Politiker in ihre Ämter gelangen.
Wenn man sich die aktuelle Regierungsriege näher anschaut, so sticht der Mangel an Kämpfern (und selbstverständlich Kämpferinnen) ins Auge des Beobachters. Den allermeisten Ministern fiel ihr politisches Amt wenn schon nicht in den Schoß, so doch zumindest wie ein reifer Apfel zu, der bequem im Stehen vom Baum gepflückt werden kann.
An der Spitze steht mit Werner Faymann ein begnadeter Netzwerker des Roten Wiens, der beharrlich Stufe um Stufe der Karriereleiter emporgestiegen ist. Der Kanzler-Job fiel im - dank eines bemerkenswerten Selbstzerstörungstriebs seines Vorgängers - quasi von allein zu.
Josef Pröll wurde, so hat es zumindest den Anschein, die gesamte Polit-Karriere auf dem Silbertablett serviert. Von Anfang begleitete ihn die medial verliehene Aura der schwarzen Zukunftshoffnung. Mitunter erweckte Pröll gar den Eindruck, als müsste er zum nächsten Aufstieg gedrängt werden.
Wissenschaftsministerin Beatrix Karl, im Zivilberuf Arbeitsrechtlerin an der Universität Graz, profitierte vom eklatanten Defizit der ÖVP an jungen Frauen und dem plötzlichen Abgang ihres Vorgängers nach Brüssel. Demselben Umstand und vor allem ihrer prominenten Rolle als Richterin im Bawag-Prozess verdankte Claudia Bandion-Ortner ihren Aufstieg zur Justizministerin. Bildungsministerin Claudia Schmied wurde der Job angetragen, als sie noch Bankerin bei der - mittlerweile verstaatlichten - Kommunalkredit war.
Über handfeste politische Erfahrungen, wie sich politische Ziele auch gegen den Widerstand anderer durchsetzen lassen, verfügte keine der drei Ministerinnen zum Zeitpunkt ihrer Berufung.
Und Rudolf Hundstorfer, Michael Spindelegger oder Reinhold Mitterlehner sind typische Gewächse der österreichischen Sozialpartnerschaft, die traditionell den Weltmeistertitel für Reformen in kleinstmöglichen Schritten für sich beanspruchen darf.
Am ehesten hat sich noch Infrastrukturministerin Doris Bures das Attribut einer "Steherin" verdient, wenngleich vor allem in Sinne einer Überlebenskünstlerin, die weiß, wie sie einmal erworbene politische Besitzansprüche erfolgreich verteidigt.
Kämpfer für die res publica, also für jene Angelegenheiten, die uns alle angehen, sehen allerdings anders aus. Höchste Zeit, dass sich Parteien und Bürger über die Rekrutierungsstrukturen für Politiker Gedanken machen.