Grün-Mandatar Peter Pilz mit schweren Vorwürfen - Ministerium kontert.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Seit der Vorwoche bekommt die Causa Kampusch kontinuierlich neuen Stoff. Das Verfahren gegen die fünf des Amtsmissbrauchs verdächtigen Staatsanwälte wurde eingestellt, woraufhin FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache von einem "Justizskandal" sprach. Am Mittwoch folgte der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz: Er forderte die Suspendierung von Hans-Peter Kronawetter, Werner Pleischl und Thomas Mühlbacher. Bereits heute, Donnerstag, soll die Causa Kampusch im ständigen Unterausschuss des Innenausschusses geprüft werden.
Zum Vorwurf gegen die Staatsanwälte: Der Wiener Ankläger Kronawetter hat im Herbst 2006 das Verfahren gegen mögliche Mittäter eingestellt. Er und Pleischl, Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, sowie Ex-Kampusch-Sonderermittler Mühlbacher, heute Chef der Staatsanwaltschaft Graz, stehen laut Pilz für eine "Regierungsjustiz": Das Verfahren gegen mögliche Komplizen Priklopils sei 2006 "im Interesse der im Wahlkampf befindlichen ÖVP" eingestellt worden. Kronawetter und vor allem der diesem vorgesetzte Pleischl sei es um "gezielte Vertuschung von Ermittlungspannen" gegangen.
Justiz wehrt sich
Dass in der Vorwoche das Verfahren gegen die Staatsanwälte nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingestellt wurde, bedürfe einer parlamentarischen "Nachkontrolle". Die Anklagebehörde hätte den Kollegen "möglicherweise Persilscheine ausgestellt". Auch gegen Sektionschef Christian Pilnacek aus dem Justizressort erhebt Pilz schwere Vorwürfe.
Das Justizministerium weist indes alle Vorwürfe zurück: Die Justiz habe sauber gearbeitet, eine Suspendierung der Staatsanwälte komme nach dem derzeitigen Stand der Dinge nicht infrage. Pilnacek erklärt, erst im September 2010 die Sektion übernommen und daher bereits mit dem Endbericht des Amtsmissbrauch-Verfahrens konfrontiert gewesen zu sein.
Dennoch lässt Justizministerin Beatrix Karl die Unterlagen zum Vorwurf des Amtsmissbrauchs noch vom Rechtsschutzbeauftragten der Justiz, Gottfried Strasser, prüfen. "Falls dieser Ungereimtheiten feststellt, kann er einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens stellen - dem die Ministerin stattgeben wird", sagt deren Sprecherin Sabine Mlcoch der "Wiener Zeitung". Vor Weihnachten wird das allerdings kaum passieren - der Rechtsschutzbeauftragte hat bis zu einem halben Jahr lang Zeit, den Fall zu prüfen.
Parallel dazu soll sich heute, Donnerstag, der ständige Unterausschuss des Innenausschusses mit der Causa Kampusch beschäftigen. Karl hat angekündigt, den mehrere 100 Seiten dicken "Kampusch-Akt" sowie Bild- und Tonträger zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen. Der Unterausschuss unterliegt strengster Geheimhaltung und tagt etwa einmal monatlich. Fälle, bei denen die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive tragend wird, werden hier behandelt. Bis jetzt waren das ausschließlich Geheimdienstangelegenheiten. Obmann ist Nationalratsabgeordneter Werner Amon (ÖVP), der Ausschuss zählt 16 Mitglieder aus den im Nationalrat vertretenen Parteien wie Hannes Fazekas (SPÖ), Peter Fichtenbauer (FPÖ), Peter Pilz (Grüne) und Peter Westenthaler (BZÖ).
Geht es nach Pilz, soll dem Unterausschuss ein Untersuchungsausschuss folgen. Im Gegensatz zum Unterausschuss unterliegt dieser keiner Geheimhaltungspflicht. Karl ist daher vom Vorschlag nicht überzeugt. "Weil es nicht zielführend ist, den gesamten Leidensweg der Frau Kampusch noch einmal öffentlich auszubreiten", so ihre Sprecherin.