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Kanaldeckelpolitiker

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

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Weshalb wird ausgerechnet diejenige Ebene der Politik mit der größten öffentlichen Vernachlässigung gestraft, die die Lebensqualität der Menschen am stärksten mitbestimmt und wo noch dazu das Vertrauen der Bürger in ihre Repräsentanten weitgehend intakt ist?

2015 finden in sieben Bundesländern Kommunalwahlen statt: in Niederösterreich am 25. Jänner, spätestens im März in Vorarlberg, der Steiermark (ohne Graz) und Kärnten, im Mai im Burgenland und schließlich noch Oberösterreich und Wien.

Abgesehen von der Bundeshauptstadt werden diese Urnengänge medial maximal als Randnotiz vorkommen. Dafür wird seit Wochen der erst Ende November anstehende SPÖ-Parteitag in einer Ausführlichkeit besprochen, dass man sich durchaus wundern könnte. Merkwürdigerweise nimmt eine zum Ritual erstarrte Zustimmungsinszenierung einen höheren Stellenwert ein als Entscheidungsprozesse, die die Lebensqualität von Millionen Bürgern bestimmen. Dazu passt, dass Stadt- und Gemeindepolitik, wieder von Wien, dem politischen Zentrum der Republik, abgesehen, in politischen Kreisen nicht wirklich hoch angesehen ist.

Kein Wunder, dass Prominente und Intellektuelle die unmittelbare Nachbarschaftsgestaltung als ziemlich unsexy empfinden. Dabei schlug der Kommunalpolitik nicht immer Ignoranz entgegen. Die Gemeindeselbstverwaltung war einst eine der wenigen handfesten Errungenschaften der Bürgerlichen Revolution von 1848. Das Bundes-Verfassungsgesetz von 1919 schreibt die Stellung der Gemeinden als Selbstverwaltungskörper ausdrücklich fest. Und welche Umsetzungskraft eine von Visionen getragene Kommunalpolitik tatsächlich entfalten kann, veranschaulicht das Wien der Zwischenkriegszeit eindrucksvoll. Von diesem Mut zur politischen Kreativität ist in der aktuellen Politik wenig bis nichts übrig geblieben.

Dennoch hat die Gemeindepolitik als Experimentierfeld für konkrete Lösungen konkreter Alltagsprobleme noch längst nicht abgedankt. Zumal unter der Bedingung, die Bürger auf diesem Weg nicht zu verlieren, sondern mitzunehmen. Man sollte glauben, dies sei das perfekte Biotop für politische Querdenker und Weltverbesserer, um ihre Ideen in Politik umzusetzen.

Weit gefehlt - und das ist ziemlich schade. Eine Imagekampagne für Kanaldeckelpolitiker tut not.