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Kann das Internet den Steuerberater ersetzen?

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

In den Kanzleien weht ein frischer Online-Wind - nicht ganz freiwillig. | Kleine Büros werden zunehmend zum Auslaufmodell. | Wien. In der Steuerberatungsbranche bewegt sich etwas. Der Innovationsgeist geht von den USA aus. Dort touren etwa mobile Steuerberatungsbüros durch das Land, um die US-Bürger in Steuerfragen zu beraten. Gleichzeitig haben es die Steuerberater den Banken gleichgemacht und bieten ihre Leistungen ausschließlich online an: Gegen die Bezahlung einer Gebühr werden über eine Online-Plattform Fragen beantwortet und Anträge bearbeitet - der Gang zum Berater bleibt erspart.


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Auch in Deutschland und Österreich gingen in den letzten Jahren solche Internet-Seiten online - mit nur mäßigem Erfolg, wie heimische Steuerberater attestieren. "In Amerika, wo fast jeder Bürger, der Einkünfte hat, eine jährliche Steuererklärung machen muss, ist das ein Breitenthema", sagt Karl Bruckner, Chef der Steuerberatungskanzlei BDO Auxilia, "in Österreich war es ein Flop".

Der Grund: Spezialfragen etwa zur steuergünstigsten Betriebsübergabe könnten nur in einem persönlichen Gespräch und nach genauer Recherche des Sachverhalts beantwortet werden, sagt die Steuerexpertin Monika Seywald von der Kanzlei TPA Horwath. Bei Anfragen via E-Mail sei die Gefahr groß, dass ein Berater zu rasch und unüberlegt und daher möglicherweise falsch antwortet.

Der virtuelle Buchhalter

Auch wenn die "Do-it-yourself-Portale" hierzulande weder bei Beratern noch bei Kunden Anklang finden, so zeigt sich doch ein deutlicher Trend hin zu Online-Diensten: Immer mehr Kanzleien machen zumindest Teilbereiche ihrer Steuer-Leistungen im Internet zugänglich.

Seywald berichtet vom virtuellen Brutto-Netto-Rechner, mit dem sich Arbeitnehmer bei einer Gehaltserhöhung ausrechnen können, wie viel ihnen nach dem Steuerabzug übrig bleibt. Mit dem Rechtsform-Rechner wiederum lässt sich zum Beispiel ermitteln, welche Gesellschaftsform für Einzelunternehmer aus steuerlicher und aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht die günstigste ist.

Ebenfalls online möglich ist für Unternehmer ein Teil der Buchhaltung und Lohnverrechnung. Nachdem die Betriebe Daten - von Eingangsrechnungen bis hin zu Überstunden - in das Netz eingegeben haben, vervollständigt die Steuerkanzlei die Anträge. Seywald: "Berater ersparen sich dadurch die aufwendige Eingabe, Kunden die Kosten."

Nicht in jeder Kanzlei verläuft die Umstellung auf Online-Dienste immer freiwillig, weiß Klaus Hübner, Präsident der Wirtschaftstreuhänder. Wegen der Umstellung auf Finanz-Online, aber auch wegen der Flut an neuen Steuerverordnungen seien die Kanzleien einem starken Technologisierungs-Druck ausgesetzt.

Zwerge brauchen Nische

Damit verbunden ist ein Arbeitsaufwand, der es kleineren Kanzleien schwer macht, den Überblick zu behalten und sich Fachwissen anzueignen.

Hübner geht davon aus, dass sich kleinere Steuerkanzleien in Zukunft verstärkt zusammenschließen werden. Einzelkämpfer würden nur überleben, wenn sie sich auf ein bestimmtes Steuergebiet oder eine Kundengruppe spezialisieren.