Warum die populäre Behauptung, Fliegen sei "der Klimakiller Nummer eins", blanker Unfug und bar aller Fakten ist.
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Muss man eigentlich ein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich wie Millionen andere Menschen in diesen Tagen ins Flugzeug setzt, um seine Feriendestination im sonnigen Süden innerhalb einiger weniger Stunden erreichen zu können? Wird der vermeintlich harmlose Urlauber solcherart zum gefährlichen Klimafrevler, der auf dem Weg in die Ferien die Atmosphäre mit Tonnen von CO2 belastet und einen Beitrag zur Klimakatastrophe leistet?
Glaubt man all jenen, die den (notwendigen) Kampf gegen den Klimawandel mit zunehmend religiöser Inbrunst führen, dem sich alles unterzuordnen hat, dann lautet die Antwort eindeutig: ja. Greta Thunberg, die Heilige der letzten Tage, weigert sich aus diesem Grund ja auch, mit dem Flugzeug zu reisen.
Was hätte es dann aber für Auswirkungen auf das Klima, wenn alle Europäer dem Vorbild Thunbergs folgten und fürderhin nie mehr ein Flugzeug bestiegen? Die wissenschaftlich korrekte Antwort lautet: praktisch keine. Ob wir fliegen oder nicht, ist für den Klimawandel nicht ganz, aber doch weitgehend irrelevant. Denn Flugzeuge sind für gerade einmal plus/minus 2 Prozent des weltweit von Menschen verursachten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Und der macht wiederum rund 3 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes des Planeten aus, die restlichen 97 Prozent erledigt die Natur. Das heißt: Fliegen verursacht weltweit gerade einmal 0,06 Prozent des gesamten weltweiten CO2-Ausstoßes - eine mehr oder weniger zu vernachlässigende Größe also.
Die Behauptung, "Flugverkehr ist Klimakiller Nummer eins", die seit etwa 2000 gebetsmühlenartig wiederholt wird, ist schlicht und ergreifend Unfug. Nur zum Vergleich: Allein die Bauwirtschaft verursacht global gesehen ungefähr 10 Prozent des menschgemachten CO2-Ausstoßes - ohne dass sich jemand dafür schämen würde, ein Dach über dem Kopf zu haben.
Nun kann man einwenden, dass jede zusätzliche Tonne Kohlendioxid in der Luft eine zu viel ist und auch nicht wirklich notwendig, auf kurzen Strecken das Flugzeug zu benutzen. Stimmt. Aber: Wer von anderen fordert, aufs Fliegen zu verzichten, um das Klima zu retten, argumentiert nicht, sondern predigt. Vor allem aber lässt das Gerede vom "Klimakiller Nummer eins" außer Acht, dass Fliegen eine der wunderbarsten und faszinierendsten Kulturtechniken ist, die der Mensch hervorgebracht hat. Dass so viele Menschen wie nie zuvor die Möglichkeit haben, über ihren Tellerrand hinaus die Fremde zu erkunden, ist ein ungeheurer zivilisatorischer Fortschritt.
Sinnvoll erscheint daher eine Güterabwägung: Lohnt es sich, die Kulturtechnik Fliegen dramatisch zu begrenzen und durch hohe CO2-Steuern zu entdemokratisieren, um damit eine kaum wahrnehmbare Reduktion der CO2-Emissionen zu bewirken? Wohl kaum. Viel sinnvoller erscheint es, da anzusetzen, wo wirklich viel CO2entsteht, also etwa bei der Stromerzeugung mittels Kohle, Erdöl oder Erdgas, die mehr als ein Drittel der weltweiten Treibhausgas-Entstehung verursacht. Und ja, dabei wird man auch wieder über Kernkraftwerke reden müssen.
Wer hingegen glaubt, durch einen heroischen Verzicht aufs Fliegen
das Klima zu retten, bringt sich um Vergnügen, ohne damit nennenswerten Nutzen zu stiften.