Anfang Oktober war in einer Qualitätszeitung von der "Verhöhnung der Rektoren" zu lesen samt dem Untertitel "Die Pensionen sind der Regierung wichtiger als die Zukunft der Universitäten". Ein folgenreicher Tatbestand, wenn er stimmt. Spielt die Regierung Pensionisten gegen Hochschulbildungseinrichtungen aus? Kassieren Rentner auf Kosten der Hochbildung? So klingt es. Ist es so?
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Nein. Mit dieser Logik lässt sich alles gegenrechnen, auf- und abbewerten. Retteten stagnierende Pensionszahlungen oder gar Kürzungen das Bildungsbudget? Daran ist zu zweifeln. Weshalb die provokante Pseudologik? Mit Neid operieren? Armen Wissenschafter und noch ärmere Studenten werden auf Kosten der Alten, der Störenden, der Unproduktiven, kurzgehalten, abgewürgt! Als ob die Pensionisten ungebührlich und nur aus wahlpolitischem Kalkül ihre Zahlungen erhielten.
Die Bildungspolitik liegt im Argen. Die Hochschulfinanzierung ist ungenügend. Aber es ist fatal, die Pensionisten zum Sündenbock zu machen. Hier wird populistisch angeheizt, wie früher schon. Einerseits bedauert man die Armutsfalle, andererseits tut man so, als erhielten die Pensionisten zu viel und lägen uns derart auf der Tasche, dass die Unis darunter leiden müssten. Das ist skandalös.
Die Sanierung der Universitäten, die Reform des Hochschulwesens: Das alles ist nicht über Pensionsreformen zu erreichen. Sie bedarf eigener konsequenter Schritte. Klar brauchen die Bildungseinrichtungen eine Zukunftsorientierung. Wir alle brauchen sie. Müssen daher aber die Alten abgeschrieben werden, in einem Ausgedinge so sparsam wie möglich "toleriert" werden?
Gibt es eine Reihung der Einsparungen? Wo besonders, wo weniger? Ließ sich die Politik auch davon leiten, als sie die Banken rettete, die Auto-Abwrackprämie verteilte und sündteure Rüstungsgeschäfte tätigte?
Umgekehrt: Keine neue Steuern, vor allem nicht, wenn es ums Vermögen geht. Die Wirtschaft litte Schaden, wenn die Reichen weniger reich wären durch eine entsprechende Vermögensbesteuerung. Haben verantwortliche Wirtschaftstreibende und Professoren einmal eine Gegenüberstellung von Bevorteilungen der Reichen versus Universitäten vorgenommen? Nein. Aber die Pensionisten stellen die Verhöhnung dar.
Bezüglich der Finanzelite herrscht eine eigentümliche Zurückhaltung. Eine untertänige Hofierung. Bezüglich der Sozial- und Pensionsausgaben eine Ablehnung, die bedenklich stimmen muss, zumal wenig Konkretes gegen Korruption und Misswirtschaft unternommen wird. Haben sie einmal die Milliarden, die "verbraucht", verludert, verlustet wurden, mit Pensions- oder Sozialleistungen verglichen und gegen einander aufgerechnet?
Gleichzeitig bleibt festzuhalten: Die derart verhöhnten Rektoren haben bis heute kein brauchbares Konzept zur Universitätsreform vorgestellt. Es blieb bei kleinen Schritten. Die Universitäten selbst haben über Jahrzehnte am Niedergang ihrer Bedeutung, ihres Niveaus gearbeitet.
Haimo L. Handl ist Politik- und Kommunikationswissenschafter.