Der Druck aus der Europäischen Union auf Österreich zur Abschaffung des Bankgeheimnisses für Ausländer steigt
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Wien. Österreich gerät innerhalb der EU beim Bankgeheimnis immer stärker unter Druck. Vor allem Deutschland will seine Steuersünder durch Steueroasen wie Österreich nicht länger geschützt sehen. "Nun steht Österreich im Blickpunkt. Wenn Österreich dabei bleibt, diesen unvermeidlichen Fortschritt für mehr Transparenz zu blockieren, wird es sich in einer einsamen und unhaltbaren Position wiederfinden", sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta am Montag.
Und tatsächlich scheinen die Stimmen aus der EU in Österreich an Gewicht zu gewinnen. Denn in der SPÖ gibt es erste Anzeichen von Bewegung: Bundeskanzler Werner Faymann signalisierte Gesprächsbereitschaft beim Bankgeheimnis. Österreich müsse sich im Gleichschritt mit Luxemburg und der Schweiz beteiligen, sagte Faymann. Man wolle darüber reden, wie man gemeinsam besser gegen Steuerbetrug vorgehen könne, hieß es aus dem Bundeskanzleramt zur "Wiener Zeitung". Man werde über einen intensiveren Datenaustausch ausländischer Anleger reden müssen, ob das ein automatischer Informationsaustausch sein werde, könne man noch nicht sagen, hieß es aus dem Kanzlerbüro. Keine Gesprächsbereitschaft gebe es aber beim Bankgeheimnis für Österreicher.
Das Bankgeheimnis und seine Auswirkungen
Österreich ist das einzige EU-Land, das strikt am Bankgeheimnis festhält und sich gegen einen automatischen Informationsaustausch wehrt. Denn Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden hatte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt, sein Land lehne den automatisierten Informationsaustausch "nicht mehr strikt ab".
Die Haltungsänderung von Luxemburg "schafft die große Möglichkeit, bei der Zinsbesteuerungsrichtlinie rasch voranzukommen", glaubt nun EU-Kommissar Semeta. Er betonte, dass Steuerflucht "nicht ohne eine härtere, schnellere und tiefere Verstärkung des automatischen Informationsaustausches gestoppt werden kann. Das ist der EU-Standard, und diesen Standard wollen wir weltweit vorantreiben".
Klare Positionen
Die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie und damit verbunden das österreichische Bankgeheimnis stehen offiziell nicht auf dem Programm des kommenden informellen Finanzministerrats am Freitag und Samstag in Dublin, es könnte aber jederzeit Thema werden.
Allerdings hat sich Finanzministerin Maria Fekter sehr klar positioniert: Sie wolle am Bankgeheimnis festhalten und halte auch nichts von einem automatischen Datenaustausch, sie habe nämlich kein Interesse an einem "Datenfriedhof". Vizekanzler Michael Spindelegger, sagte am Montag: "Österreich ist keine Steueroase, das Bankgeheimnis muss bleiben."
Aber genau diese Ablehnung eines automatischen Informationsaustausches weist Österreich unter den 27 EU-Staaten als Steueroase aus. Denn bei diesem automatischen Datenaustausch geht es darum, EU-Staaten Daten ihrer Bürger zu übermitteln. Das Bankgeheimnis innerhalb Österreichs bleibt von allen EU-Forderungen unberührt. Derzeit nützt das Bankgeheimnis einzig dem Finanzplatz Österreich und jenen, die ihr Geld hier steuerschonend anlegen. Laut Steuersektionschef Wolfgang Nolz ist sehr viel ausländisches Kapital in Österreich - vor allem aus Deutschland. Ein automatischer Datenaustausch könnte daher zu einem Kapitalabfluss führen. Über Summen schwieg der Sektionschef aber.
Das Bankgeheimnis kann natürlich auch Österreichern helfen, die Schwarzgeld auf ein Konto legen und damit etwa einen Kredit besichern. So wird das Geld dann weißgewaschen.
Die Abschaffung des Bankgeheimnisses liege nicht mehr in österreichischer Hand, befindet SPÖ-Wirtschaftssprecher Jan Krainer. Denn bereits 2003 hätten der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und sein Finanzminister Karl-Heinz Grasser zugesagt, den automatischen Informationsaustausch umzusetzen, wenn die europäischen Drittländer Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino sich dazu verpflichten, einen Informationsaustausch auf Anfrage einzuführen. Genau darüber will die EU-Kommission mit diesen Staaten verhandeln, Österreich blockiere aber die Zustimmung zu einer Reform der Zinsbesteuerungsrichtlinie. "Das Bankgeheimnis darf nicht zu Steuerhinterziehung missbraucht werden. Wenn es Lücken gibt, muss man diese schließen", sagte Krainer zur "Wiener Zeitung". Er rät dazu, "schwarze Listen der Steuersümpfe" anzulegen und Kapitalflüsse dorthin einer Kontrolle - Überweisungen nur über Genehmigung der Nationalbank - zu unterziehen.
Die Blockade der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie durch die ÖVP-Finanzministerin mache sich nicht gut für die Europa-Partei ÖVP. Fekter nehme die österreichischen Sparer in Geiselhaft, kritisierte der Steuerrechtsexperte Werner Doralt: "Was ist das für eine Gemeinschaft, in der sich ein Staat an der Steuerhinterziehung in einem anderen bereichert."
Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, forderte Fekter auf, "endlich ihre schützende Hand über die Steuervermeider und Steuerhinterzieher zurückzuziehen". Fekter schütze durch ihren Widerstand nicht die kleinen Sparer, sondern jene, die etwas zu vergeben haben. Die Zeche würden dann jene zahlen, die nichts zu verstecken haben beziehungsweise nichts verstecken können.
IHS-Direktor Christian Keuschnigg wiederholte, was er in der "Wiener Zeitung" bereits exklusiv angekündigt hat: "Der Zug Richtung automatischem Informationsaustausch ist abgefahren." Das Bankgeheimnis für Ausländer stehe dem Feststellen von Vermögen durch deren Heimatstaat entgegen. Er glaube, dass die Quellenbesteuerung keine Zukunftslösung sei, weil es zu kompliziert wäre, wenn alle Länder beidseitig Rücküberweisungen vereinbaren, sagte Keuschnigg.
Der Nachteil, der Quellensteuer (wie in Österreich, im Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein) ist, dass die Banken nicht unbedingt alle Konten erfassen müssen - zumindest kann das niemand kontrollieren.
Zwar glaubt man im Bundeskanzleramt daran, dass auch Vizekanzler Spindelegger verhandeln wolle, aber ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch stellte klar: "Der Erhalt des Bankgeheimnisses ist Regierungslinie."
Die Opposition ist gespalten. Die Grünen sind für umfassenden Informationsfluss. Die österreichische Situation würde von Steuerbetrügern großen Stils benützt, das dürfe nicht länger gedeckt werden, forderte Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler. "Finger weg vom Bankgeheimnis", hieß es hingegen einvernehmlich von FPÖ, BZÖ und Team Stronach. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht die Abschaffung des Bankgeheimnisses als "Anschlag auf die Souveränität Österreichs". Mit den Freiheitlichen werde es "garantiert keine Abschaffung des Bankgeheimnisses für die Österreicher" geben - das wird von der EU auch gar nicht verlangt, Europa will nur einen Datenaustausch über EU-Bürger. Auch BZÖ-Obmann Josef Bucher meinte, dass die "Kontodaten der Österreicher keine ausländische Behörde etwas angehen". Tatsächlich geht es um Kontodaten von Ausländern für ihre heimatlichen Steuerbehörden. Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar beharrte ebenfalls darauf, dass das Bankgeheiminis in Österreich bestehen bleiben müsse - "ob es der EU passt oder nicht".