Verfolgen die Regierungsparteien zwar das gleiche Ziel, wie sie betonen, könnten die Wege dorthin aber unterschiedlicher nicht sein. So erreichte die sowohl innerkoalitionäre als auch innerparteiliche Debatte über das Anti-Temelín-Volksbegehren gestern, kurz vor Beginn der Eintragungsfrist, vorerst ihren Höhepunkt. Während Kanzler Wolfgang Schüssel Mittwoch in einem Brief an 2.500 ÖVP-Bürgermeister vor einer Unterschrift warnte, so klaffen FPÖ-intern die Ansichten hinsichtlich eines Veto-Kurses stark auseinander.
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Das AKW Temelín werde durch das Volksbegehren nicht sicherer, hatte Schüssel Mittwoch in der "ZiB 2" zu seinem Schreiben, in dem er klar von einer Unterzeichnung abrät, betont. Überdies wäre es "geradezu fahrlässig", wenn sich Österreich innerhalb der EU selbst ins Out stellen würde.
FPÖ-intern sorgte die Vorgangsweise für geteilte Meinungen. Während sowohl Klubchef Peter Westenthaler als auch die Initiatoren des Volksbegehrens, Hans Achatz und Hilmar Kabas, scharfe Kritik übten, sprach Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Donnerstag sehr elegant von zwei Wegen zum selben Ziel.
Allerdings klaffen die Meinungen auch innerhalb der FPÖ-Ministerriege auseinander. Von einem Veto-Kurs will Grasser derzeit nichts wissen. "Gut" sei jetzt, den "Druck zu erhöhen, um das Optimum zu erreichen", wie er gegenüber der "Wiener Zeitung" betonte.
Sozialminister Herbert Haupt hingegen meinte mit klaren Worten: "Ein Veto wird es geben, wenn die Tschechen die Verhandlungsbereitschaft verweigern." Beide Minister wollen unterschreiben, wie sie gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihren ÖVP-Partnern Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erklärten.
Nicht so diese beiden. Die Volkspartei gehe den "Weg der Verhandlungen" mit den Partnern in der EU, stellte Gehrer klar und sprach von einem "gefährlichen" Volksbegehren. Aber auch sie sieht letzten Endes ein "gemeinsames Ziel" der Koalitionsparteien.
Überhaupt keinen Kommentar gab es gestern vom Zweiten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn. Dieser hatte Anfang Dezember erklärt, er werde das Volksbegehren nur dann unterschreiben, wenn die Formulierung seinen Vorstellungen entspreche.
Zu Wort meldete sich auch Christoph Kardinal Schönborn. Ob er unterzeichnen werde, ließ er offen, er zeigte sich aber überzeugt, dass diese Probleme "unter einem gemeinsamen Dach der Europäischen Union leichter lösbar sind".