Es wäre ihm lieber gewesen, "wenn die Zustimmung noch größer gewesen wäre", gab SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gestern in seinem Schlusswort beim Parteitag unumwunden zu. Dennoch bleibt sein Kanzleranspruch bestehen. Unterstützung erhält er darin im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" vom SPÖ-Delegationsleiter in Brüssel, Hannes Swoboda.
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Zu Beginn des zweiten Tages, der ganz der Programmdiskussion gewidmet war, dominierte bei den Delegierten das unerwartet niedrige Wahlergebnis ihres Vorsitzenden.
Dieser Dämpfer gab wahrscheinlich auch den Ausschlag dafür, dass Gusenbauer anstatt des dafür vorgesehenen Geschäftsführers Norbert Darabos das Schlusswort am Parteitag sprach. Dabei bot er jenen zehn Prozent der Delegierten, die ihn nicht gewählt hatten, an, Vorschläge einzubringen. Sie würden bei ihm "immer ein offenes Ohr finden". Seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur hatte Gusenbauer schon am Vortag angemeldet.
Ähnlich argumentiert auch Swoboda auf die 62 Streichungen für Gusenbauer: "All jene, die gestrichen haben, sollen in der Partei offen sagen, was sie stört." Im übrigen könne man aus jeder Enttäuschung lernen. Das Schlimmste für die SPÖ wäre nun, sich einzuigeln: "Eine "Binnenschau wäre das falsche Signal". Die Partei müsse sich öffnen und mit "vielen gesellschaftlichen Kräften in Kontakt treten". Dabei solle man sich auch nicht wehren, "mit vernünftigen Leuten in der ÖVP oder bei den Grünen zusammen zu arbeiten".
Die Berater Gusenbauers warnte Swoboda davor, den Vorsitzenden nur als Oppositionsführer darzustellen, "das wäre für die Regierung viel zu viel Ehre". Gusenbauer müsse "stärker als Staatsmann präsentiert werden, der ein aussagekräftiges Bild davon malt, wie er sich Österreich vorstellt ab dem Zeitpunkt einer SPÖ-Regierungsverantwortung". Der Parteitag liefere dafür die beste Voraussetzung, da er programmatische Grundlagen geschaffen habe. Erstmals seit vielen Jahren seien Programme diskutiert worden: "Man soll sich jetzt nicht selbst alles kaputt machen."
Die Kanzlerfrage ist für Swoboda mit dem Parteitag ebenso geklärt wie für SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter. Die SPÖ habe Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten immer in einem gewählt. "Wäre ein anderer bereit dazu, als Kanzlerkandidat zu fungieren, hätte er jetzt beim Parteitag antreten müssen", betonte Matznetter.
Anders sieht das GPA-Vorsitzender Hans Sallmutter. Er habe "nicht über die Kandidatenliste für die nächste Nationalratswahl abgestimmt", er habe Gusenbauer aber auch nicht gestrichen.
Matznetter ist mit dem Parteitag insgesamt zufrieden - "nicht mit dem Wahlergebnis". Schließlich sei mit der Programmdiskussion "für viele Jahre geklärt, in welche Richtung wir gehen". Auf diese Programmatik müsse nun gesetzt werden, denn: "Das Match muss inhaltlich gemacht werden."
Auch Darabos hält eine interne Nabelschau nun für falsch. Natürlich hätte auch er sich ein besseres Wahlergebnis für Gusenbauer gewünscht, aber eines ist für ihn klar: "Gusenbauer ist sicher Kanzlerkandidat der SPÖ."