Der Schattenbankensektor wächst, auch in Österreich. Global birgt das Risiken, die zu einer neuen Krise führen können.
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Wien. Kein Markt soll mehr unreguliert sein. Zu diesem Schluss kamen 2008 die G8-Staaten im Rahmen einer Sondersitzung zur globalen Finanzkrise. Heute, zehn Jahre später, ist der Bankensektor, vor allem in der EU, hoch reguliert. Banken müssen eine Kernkapitalquote von mindestens 12,5 Prozent halten, die Bestimmungen für Kreditvergaben wurden strenger. Große Banken, in Österreich sind es acht, werden direkt von der EZB beaufsichtigt. Und künftig soll auch kein Steuergeld mehr für strauchelnde Banken in die Hand genommen werden.
Seit der Finanzkrise 2008 hat aber der sogenannte Schattenbanken-Sektor weltweit deutlich zugenommen. Und für diesen gelten andere, weniger strenge Regeln. Das könnte zum Problem werden. Ökonomen warnen sogar vor einer neuen Finanzkrise.
In Österreich entfällt rund ein Fünftel aller Finanzmittel auf diesen Bereich, wie ein Bericht der Nationalbank zeigt. In absoluten Zahlen waren es 170 Milliarden Euro an aushaftendem Finanzierungsvolumen des gesamten Finanzsektors, in der Höhe von 771 Milliarden Euro.
Risiko in Österreich gering
Beim Großteil der hierzulande tätigen Institute handelt es sich um Investmentfonds und Versicherungen. Diese werden von der Finanzmarktaufsicht (FMA) beaufsichtigt und gelten, wie Banken, als hoch reguliert. Nur drei Prozent der Finanzierungen laufen über kaum bis gar nicht regulierte Institute und Fonds. "In Österreich ist das Risiko überschaubar, weil der Großteil der Institute reguliert ist", sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Global birgt der Sektor aber ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Im Euro-Raum sind Schattenbanken seit der Krise vor zehn Jahren gewachsen, auf sie entfällt heute rund ein Viertel bis ein Drittel der Finanztransaktionen. Während in Österreich der nicht-regulierte Teil des Sektors kaum ins Gewicht fällt, ist er in Großbritannien, Malta, Irland und den Niederlanden größer. In den USA kommt mittlerweile jeder zweite Kredit von einer Schattenbank. Und auch in China sind nicht regulierte Schatteninstitute heute ein mächtiger Player am Finanzmarkt.
Der Grund dafür ist recht simpel. Als Antwort auf den Zusammenbruch des Finanzmarktes im Zuge der Lehman-Pleite im Jahr 2008 wurden die Regulatorien für Banken verschärft. Die Eigenkapitalanforderungen wurden nach oben geschraubt, die Kreditvergabe wurde erschwert, um künftige Zahlungsausfälle zumindest einzuschränken. Das alles führte aber dazu, dass die Banken zwar sicherer wurden, Unternehmen aber schwieriger an Kredite kamen. Andere Finanzinstitute, die nicht den strengen Regulatorien der Aufsicht unterworfen waren, hatten dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Weil sie mehr Risikokapital begeben und höhere Renditen anbieten konnten. "Die Regulatorien im Bankensektor können teilweise das Kapital in Richtung des unregulierten Sektors treiben", sagt Atanas Pekanov, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).
Too big to fail
Laut einer Arbeiterkammer-Studie aus dem Jahr 2014 zum europäischen Schattenbankenmarkt übersteigt das Volumen des Sektors das Bruttoinlandsprodukt im Euro-Raum um das 2,4-Fache. Deshalb werden auch die Stimmen nach mehr Regulierung für diesen Bereich lauter. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi forderte etwa im vergangenen Jahr, die Regulierung zu verstärken.
Zum Problem für den gesamten Finanzsektor und damit zu einer neuen Krise, meint Pekanov, könnte es dann kommen, wenn es zu einer Neubewertung und Herabstufung der Vermögenswerte von Schatteninstituten kommt. Diese könne auch eine Neubewertung der Aktiva bei Banken herbeiführen und damit auf den gesamten Finanzsektor überschwappen. "Nach einer überstandenen Krise werden die Forderungen nach einer Deregulierung lauter", sagt er.
Der Grund, warum traditionelle Banken so streng kontrolliert werden, ist, weil sie als "systemimmanent" eingestuft sind und Staaten für sie eine Einlagensicherung übernommen haben. Sollten die globalen Finanztransaktionen, die über Schattenbanken laufen, weiter wachsen, könnten bestimmte Investmentfonds oder Vermögensverwalter genauso "systemimmanent" werden. Eine Pleite oder Kreditausfälle, könnten dann ebenso den gesamten Finanzmarkt infizieren. "Um die Finanzstabilität zu stärken, könnte man die Gewinne auf Risikokapital dieser Schattenbanken besteuern", sagt Pekanov. Das sei zwar schwierig umzusetzen, weil es auf Widerstand in der Branche stößt. Aber auf EU-Ebene durchaus machbar.