Ausländische Direktinvestitionen 2010 noch nicht auf Vorkrisenniveau. | Südosteuropa verzeichnet weiter einen Abschwung.
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Wien/Genf. Der Fluss ausländischer Direktinvestitionen (FDI) stieg 2010 weltweit leicht auf 1244 Milliarden US-Dollar an. Immer noch um 15 Prozent unter dem Durchschnittswert der Jahre vor der Krise (1472 Milliarden Dollar pro Jahr), errechnete die Unctad, jene UN-Organisation, die sich mit Handel und Entwicklung beschäftigt. Das Geld für Investitionen wäre da, doch Risiken und regulatorische Unsicherheiten lassen Investmentgeber zögern, schreibt UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Vorwort des World Investment Report 2011.
Und das Geld findet neue Ziele. 2010 ist erstmals die Mehrheit (52 Prozent) der globalen Direktinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländer geflossen. „Das ist im Sinne der nachhaltigen Entwicklung positiv zu beurteilen, allerdings sind die Investitionen sehr unterschiedlich verteilt”, erläutert Unctad-Mitarbeiterin Elisabeth Türk bei der Präsentation. Während sich Lateinamerika sowie Ost- und Südostasien über Zuflüsse freuen konnten, nahm ausländische Investitionstätigkeit nach Afrika und Südasien ab.
Hervorzuheben ist auch, dass, nachdem alle Länder 2009 einen scharfen Einbruch bei FDI (Foreign Direct Investment) erlebt haben, die meisten im vergangenen Jahr wieder einen Aufschwung verzeichneten - außer die Länder Südosteuropas und des ex-sowjetischen GUS-Raumes (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten). Dort sank das FDI-Volumen 2010 weiter. Der Grund sei die „Schwerfälligkeit der FDI aus Europa”, meint Türk.
China und Hongkong unter den Top 5
Die USA waren 2010 der Spitzenreiter unter den Ländern - die Vereinigten Staaten verzeichneten sowohl die meisten Zu- als auch auch Abflüsse bei Direktinvestitionen. Aber auch China und Hongkong lagen l als Emittent und Empfängerjeweils unter den Top 5. Dabei ist China „sehr aktiv im Bereich South-South-Investment”, analysiert Türk. Das Land fokussiert seine Investment-Tätigkeit auf Entwicklungsländer und sichert sich vor allem Rohstoff-Vorkommen in Afrika. Dort ist es leichter als in Lateinamerika - die Unctad hat in den vergangenen Jahren vor allem auf dem südamerikanischen Kontinent eine Zunahme von Regulierungen betreffend ausländischem Kapital festgestellt. „Vielleicht, weil man gesehen hat, dass unbeschränkte Liberalisierung nicht nur positive Effekte hatte”,, meint Türk und nennt Verstaatlichungen in Bolivien, Venezuela und Ecuador als Beispiele. Auch Brasilien hat für Firmen, die in ausländischer Hand sind, strengere Regelungen bei Landbesitz.
Auslagerung der Produktion überholt FDI
Ein größeres Volumen als Direktinvestitionen macht die grenzüberschreitende internationale Produktion ohne Eigenkapital aus. Das ist etwa die Auftragsproduktion von elektronischen Gütern oder Bekleidung („Made in China”) sowie die Auslagerung von Dienstleistungen oder Landwirtschaft. Dabei kontrolliert das auftraggebende Unternehmen den Betrieb im Gastland über andere Wege als den Besitz von Eigenkapital - zumeist über Verträge. Das Risiko wird auf das lokale Unternehmen ausgelagert.
Das Volumen dieser transnationalen Produktion wächst schneller als deren korrespondierende Indus-trie. Die Unctad schätzt den Umsatz 2010 auf bis zu 2100 Milliarden US-Dollar. 14 Millionen Jobs in Entwicklungsländern sind so geschaffen worden. Doch bei dieser niedrig qualifizierten Arbeit „stellt sich langfristig die Frage, wie sehr diese die Entwicklung fördert”, so Türk.