Auf EBA-Zielquote von 9 Prozent fehlen der ÖVAG derzeit 3,5 Prozentpunkte.
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Wien. Bei der ÖVAG, dem Leitinstitut der 62 regionalen Volksbanken, kracht es im Gebälk. Unterm Strich wird die Bank heuer in ihrem Einzelabschluss einen massiven Verlust von 1,2 Milliarden Euro schreiben. Zudem klafft beim Eigenkapital eine Lücke, die immer größer wird. Sie liegt bereits jenseits der Milliarden-Schwelle. Neuerliche Staatshilfe ist deshalb nicht ausgeschlossen.
Wie sehr sich die ÖVAG in der Misere befindet, zeigt ihre Bilanz zum dritten Quartal. Da mussten teure Abschreibungen vorgenommen werden, die das Konzernergebnis in den ersten neun Monaten auf minus 689 Millionen Euro drückten.
Die Liste der Belastungen ist jedenfalls lang: Eine Firmenwertberichtigung bei der defizitären Rumänien-Tochter und Abschreibungen auf griechische Staatspapiere zählen dazu ebenso wie Marktwertverluste bei Kreditausfallversicherungen (CDS) und anderen Finanzinvestments mit Länder-Risiken. Dem nicht genug, musste die ÖVAG auch ihr Partizipationskapital bei der früheren Tochter Kommunalkredit, die vor drei Jahren vom Staat aufgefangen wurde, abwerten.
Gerald Wenzel, Chef der Österreichischen Volksbanken-AG, versucht indes zu beruhigen: "Hier handelt es sich fast ausnahmslos um Einmaleffekte, durch die unsere aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquoten zwar zurückgegangen sind, aber dennoch weiterhin klar über den gesetzlichen Anforderungen liegen."
In Zukunft ist das allerdings zu wenig. Denn bis Mitte 2012 muss die ÖVAG so wie alle europäischen Großbanken zumindest 9 Prozent hartes Kernkapital haben, um gegen Schockwellen aus der Staatsschuldenkrise gewappnet zu sein. So will es die zentrale EU-Bankenaufsicht EBA in London. Per Ende September hatte die ÖVAG aber nur noch eine Quote von 5,5 Prozent. Aufgrund der größer gewordenen Differenz von 3,5 Prozentpunkten zur Zielquote ist somit klar, dass der Kapitalbedarf jene 972 Millionen Euro, die die EBA zunächst auf Halbjahresbasis ermittelt hatte, deutlich übersteigt. Die ÖVAG hält sich dazu bedeckt.
Radikale Schrumpfkur
Das hat triftige Gründe. Die ÖVAG hofft nämlich nach wie vor, dass sie von der hohen EBA-Zielquote verschont bleibt. Dies wäre jedoch nur dann der Fall, wenn es den Volksbankern rechtzeitig gelingt, die ÖVAG so zu schrumpfen, dass sie die EBA nicht mehr als systemrelevante Bank in Europa einstuft. Genau das ist auch der Plan. Die ÖVAG befindet sich mitten in einer Umstrukturierung, am Ende dieses Umbaus soll das Volksbanken-Spitzeninstitut nur noch eine auf Österreich fokussierte Bank sein (die dann nicht mehr grenzüberschreitend tätig ist). Wie aus dem Umfeld der ÖVAG zu hören ist, soll die Bilanzsumme von zuletzt 43,6 auf 10 Milliarden Euro eingestampft werden.
Dafür müssen allerdings noch etliche Finanz- und Immobilienbeteiligungen sowie andere Risiken (etwa auf der Kreditseite) radikal abgebaut werden. Bankchef Wenzel: "Um den zusätzlichen Eigenkapitalbedarf möglichst gering zu halten, arbeiten wir daran, die mit Kapital zu unterlegenden Forderungen möglichst rasch zu reduzieren." Ob die recht knappe Zeit bis Ende Juni 2012 dafür reicht, bleibt jetzt abzuwarten.
"Wäre Herausforderung"
Ebenfalls geplant ist, den Volksbankensektor umzukrempeln und neu aufzustellen. So sollen ÖVAG und Volksbanken über eine "Fusion" künftig viel enger als bisher zusammenrücken. Eine derartige Konstruktion hätte den Vorteil, dass sich die ÖVAG das Eigenkapital der Volksbanken anrechnen könnte. Die Grundzüge für diese Reform sollen bis Jahresende stehen, heißt es aus dem Sektor.
"Sollte die ÖVAG dennoch verpflichtet sein, per Ende Juni 2012 den Kapitalpuffer von 9 Prozent zu erreichen, wird das eine Herausforderung darstellen", räumte Wenzel am Freitag in einer Aussendung ein. In diesem Fall wird der Staat, der dem Institut bereits im Frühjahr 2009 eine Milliarde Euro Kapital zugeschossen hatte, wohl wieder einspringen müssen. Notfalls wäre er dazu bereit.