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Sozialleistungen statt adäquater Löhne war das Versprechen. Die Steuern zur Finanzierung der Gaben wurden aber nie eingehoben. Also schulden Reiche und Superreiche der Republik an die 200 Milliarden.
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Am Samstag stand hier zu lesen, vor allem die Wähler wären in der Verantwortung für die exzessiven Staatsschulden. Sie hätten sich von den Politikern bestechen lassen. Auch eine Sicht der Dinge. Doch wurde dem Euroland-Bürger nicht jahrzehntelang vorgegeben, er müsse für einen Stundenlohn werken, von dem er kaum leben kann, von wegen Betriebsstandort und so? Schließlich würden in weiten Teilen der Welt Milliarden Menschen für ein paar Cent pro Tag Badeentlein pressen, nach Erzen buddeln oder Maschinen zusammenschrauben.
Um dennoch ein Leben in Würde zu ermöglichen, hatten die Politiker statt adäquater Löhne Soziales im Angebot und stets vorgerechnet, dass alles über die Steuereinnahmen irgendwann finanzierbar wäre. Jetzt ist Euroland mit der unvorstellbaren Summe von 7800 Milliarden Euro in der Kreide, Österreich allein mit 205 Milliarden. Reiche und Superreiche besitzen bei einem Bevölkerungsanteil von 7 Prozent rund
80 Prozent des gesamten Sparvermögens - Kapitalanteil tendenziell steigend.
Für Österreich bedeuten diese Zahlen, dass diverse Politikergenerationen den Souverän Volk bewusst täuschten oder aus Versehen um 205 Milliarden Euro zu wenig an Steuern kassierten. Oder anders: Die Reichen und Superreichen schulden dem Staatsvolk 205 Milliarden Euro minus der Unbekannten X für überflüssige Bürokratie und Korruption als Kulanz.
Die Alternative skizzierte der 82-jährige tschechische Schriftsteller und Klardenker Pavel Kohout in einer Abrechnung mit der linken Diktatur von 1948 bis 1990 in seiner Heimat: "Die gelobten sozialen Errungenschaften waren alle auf Pump. Alles zielte zum Abgrund." Falls deckungsgleiche Ursachen deckungsgleiche Konsequenzen haben, droht uns also das Schicksal der Ostblockstaaten. Denn ob Sozialismus auf Pump oder Soziale Marktwirtschaft auf Pump macht keinen Unterschied.
Nur eine gewaltige Neuverteilung von Besitz und Gewinn kann das Staatsschiff auf Kurs bringen. Ansatzweise nahm Bundespräsident Heinz Fischer das für Superreiche so hässliche Wort "Erbschaftssteuer" in den Mund. Was den ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger derart aus der Fassung brachte, dass er sein Veto zur Erbschaftssteuer mit dem Eingeständnis der dringlichen Notwendigkeit einer solchen begründete: "Wir sollten in finanziell schwierigen Zeiten nicht über neue Abgaben (sprich Staatseinnahmen) nachdenken."
Wie bitte? Sind die Zeiten für die Magnaten "finanziell schwierig" oder für die Republik? Soll die Soziale Marktwirtschaft auf Pump in dieser Endzeitstimmung gar von einem Kapitalismus auf Pump abgelöst werden? Wird sich also der Staat in Zukunft Geld auch deshalb borgen (müssen), weil Spindelegger die Trauer der Reichen beim natürlichen Generationenwechsel in der Sippe nicht durch Abgaben ins Unerträgliche steigern will?
Hoffentlich nehmen die drei großen Ratingagenturen den Newcomer nicht weiter ernst, sonst könnte dessen Statesmanship die Werte Österreichs flugs von A auf B springen lassen.
Werner Stanzl ist Publizist und Dokumentarfilmer.
Dieser Gastkommentar gibt ausschließlich die Meinung des betreffenden Autors wieder und muss sich nicht zwangsläufig mit jener der Redaktion der "Wiener Zeitung" decken.