Landeshauptmann Wilfried Haslauer und seine ÖVP müssen bei der Salzburger Wahl mit Verlusten rechnen.
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Es dauerte lange, bis die Erbfolge griff. Nach zwölf Jahren Amtszeit hatte sich Wilfried Haslauer Senior 1989 nach Verlust der absoluten Mehrheit als Landeshauptmann zurückgezogen. 24 Jahre, zwei Landeshauptmänner und eine Landeshauptfrau später zog sein Sohn Wilfried Haslauer Junior als Salzburger Regierungschef in den Chiemseehof ein.
2013 hat der damals 56-Jährige das neunjährige SPÖ-Interregnum unter Gabriele Burgstaller beendet und Salzburg wieder von rot auf schwarz gepolt. Beide Großparteien haben damals Stimmen eingebüßt, aber nur die SPÖ ist nach dem Finanzskandal in den Keller gerasselt. Von nun an ging es für die Volkspartei bergauf. "Die Salzburger ÖVP kann man durchaus als Musterschülerin in der ÖVP-Gemeinde ansehen", sagt Armin Mühlböck, Politikwissenschafter der Uni Salzburg, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Bei den Nationalratswahlen 2017 und 2019 und bei der Landtagswahl 2018 erzielte man hervorragende Ergebnisse. Und dann hat man bei den Salzburger Gemeinderatswahlen 2019 mit einem Top-Ergebnis auch noch der SPÖ den Bürgermeister in der Landeshauptstadt weggeschnappt."
Im Windschatten von Kurz
Auch wenn man in Salzburg im Windschatten von ÖVP-Jungstar Sebastian Kurz Erfolge feierte, habe sich die Landespartei immer vom Bund abgrenzen können, analysiert Mühlböck: "Die Salzburger ÖVP war immer schon schwarz, nie türkis. Allerdings ist bei der Landtagswahl 2018 das schwarze Schiff (mit Kapitän Haslauer, Anm.) unter türkisen Segeln sehr gut im Wind gelegen."
Diesmal stehen die Vorzeichen anders. Keine Umfrage, kein Experte sieht die Volkspartei als Wahlgewinner. Am 23. April dürfte sie Verluste zu verbuchen haben. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Pandemie, Inflation, Teuerung, Krieg. Und Zugpferd Kurz hat die Politik aufgrund der gegen ihn und seine Entourage erhobenen Korruptionsvorwürfe längst verlassen. Dass die multiplen Krisen vor allem jene, die Regierungsverantwortung tragen, zu spüren bekommen, mussten in den vergangenen Monaten bereits die Landeshauptleute von Tirol, Niederösterreich und Kärnten schmerzhaft feststellen.
"Folgt Salzburg diesem Trend, wird es ein Minus geben", sagt Mühlböck. "Man darf aber den mobilisierenden Effekt nicht unterschätzen, den Umfragen auslösen, die Verluste ankündigen." Haslauer muss vor allem die Stammwählerschaft zu den Urnen bringen.
Schlechte Bekanntheitswerte
Über die Kernwähler wirkt der stets ruhig und besonnen wirkende Landeshauptmann aber offenbar nicht hinaus, wie der Politik-Experte Peter Filzmaier am Dienstag in der "ZiB 2" erläuterte: "Nur ein Drittel der Salzburger Wählerschaft sagt, mit Sicherheit soll die ÖVP weiter den Landeshauptmann stellen." Haslauer ist somit nicht populärer als seine Partei. Zudem liege sein Bekanntheitswert bei "ungestützter Namensnennung" nur bei zwei Drittel der Wählerschaft. Ein überraschend geringer Wert für jemanden, der seit einer Dekade die Landesregierung anführt. Je jünger die Wähler, desto weniger können sie mit dem Namen Haslauer anfangen.
Ob die Koalition, die Haslauer vor fünf Jahren mit Grünen und Neos eingegangen ist, Chance auf Weiterbestand hat, ist unklar. Bei erwarteten Verlusten der ÖVP wird auch den Grünen unter Landeshauptmann-Stellvertreterin Martina Berthold kein Zugewinn prognostiziert. Die Neos müssen gar um den erneuten Einzug in den Landtag bangen.
Der Landeshauptmann hält sich mit Koalitionsansagen vor dem Wählerentscheid zurück und sich damit mehrere Optionen offen. Bei der FPÖ bekrittelt er zwar den Stil der Kommunikation ("das Angstschüren durch Unwahrheiten, das Dagegensein als politisches Konzept"), aber ausschließen will er eine künftige Zusammenarbeit mit der voraussichtlichen Wahlgewinnerin, der freiheitlichen Landespartei-Obfrau Marlene Svazek, nicht. Und dann gibt es auch noch die SPÖ, mit der eine Regierungsmehrheit im Bereich des Möglichen läge.
Thematisch hat Haslauer vor kurzem die Pflege als den "gesellschaftspolitisch wichtigsten Punkt der nächsten fünf Jahre" ausgerufen. In Sachen erneuerbarer Energie soll in Salzburg in den nächsten Jahren einiges in Bewegung kommen. So dürfte die Windkraft forciert werden, die in dem Bundesland bisher - vor allem von der ÖVP - stiefmütterlich behandelt wurde.
Landeshauptmann Haslauer schreibt sich auf die Fahnen, "dass Salzburg das de facto wirtschaftlich erfolgreichste Bundesland mit den niedrigsten Arbeitslosenzahlen" ist. Das ist zwar richtig, aber wie Politologe Filzmaier in der "ZiB 2" bemerkte: "Bei den Einkommen ist man im hinteren Mittelfeld. Wohnen ist am allerteuersten in allen Bundesländern." Das ist auch ein Grund, warum der KPÖ Plus diesmal der Einzug in den Landtag zugetraut wird.
Nicht amtsmüde
Darum sieht der Landeshauptmann (wie eigentlich alle Parteien) Reformbedarf bei der Wohnbauförderung. Ein Scheitern des bisherigen Modells erkennt der ÖVP-Chef hier aber nicht: "Man hat Vorarbeit geleistet - etwa mit einem Hortungsverbot von Bauland, Beschränkungen von Zweitwohnsitzen und einer Leerstandsabgabe. Aber es gibt Anpassungsbedarf." Das Land müsse aktiv Grundstücke und Liegenschaften für den Wohnbau suchen.
Es wird damit gerechnet, dass die ÖVP rund ein Drittel der Wählerschaft hinter sich vereinen kann. Die Partei wird dann, wie fast immer seit 1945 (vom SPÖ-Intermezzo abgesehen), auch den Landeshauptmann stellen. Plänen, im Laufe der kommenden Legislaturperiode an einen Nachfolger zu übergeben, erteilt Haslauer eine Absage: "Ich habe vor, die vollen fünf Jahre zu bleiben."